Soziale Arbeit gegen den Rechtsruck

Auf einer Veranstaltung des Arbeitskreises Kritische Soziale Arbeit wurden konkrete Handlungsmöglichkeiten besprochen

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Rechtsruck beschäftigt nicht nur Sozialarbeiter*innen: Demo gegen den AfD-Parteitag in Essen
Der Rechtsruck beschäftigt nicht nur Sozialarbeiter*innen: Demo gegen den AfD-Parteitag in Essen

Was kann Soziale Arbeit dazu beitragen, um dem Erstarken der Rechten entgegenzutreten? Dieser Frage widmete sich der Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) am Mittwochabend im Berliner Museum des Kapitalismus in Kreuzberg. In den Räumen finden regelmäßig Bildungsveranstaltungen mit antikapitalistischer und antifaschistischer Ausrichtung statt. Das ist auch die Zielsetzung des AKS, »der 2005 gegründet wurde, um kritische Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit voranzutreiben«, wie Jan Quetting erklärte, der die Diskussion moderierte.

Eingeladen war Matthias Müller von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Müller hat in seinen 20 Jahren im Beruf eine Menge an praktischen Erfahrungen gesammelt, wie der Kampf gegen rechts auf dem Feld der Sozialen Arbeit aussehen kann. Er betonte, dass die MBR nur aktiv wird, wenn Einzelpersonen oder Gruppen auf sie zukommen. »Das geht von konservativ bis linksradikal, vom Späti bis zum Taxi-Unternehmen«, beschreibt Müller die Bandbreite der Menschen und Institutionen, die sich an die MBR wenden, weil sie Unterstützung suchen. Auch die Vorkommnisse, die dort angesprochen werden, reichen vom rechten Mobbing über die vielfältigen Formen von rassistischer und antisemitischer Diskriminierung bis zu direkten Gewaltaufrufen.

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Bei den so unterschiedlichen Betroffenengruppen ist es auch klar, dass es keine Patentlösung gibt. Das betrifft auch den Umgang mit der Polizei, wie Müller deutlich machte. Eine Frage, die auch im Publikum, das überwiegend aus Studierenden und Beschäftigten der Sozialen Arbeit bestand, kontrovers diskutiert wurde. »Es gibt Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen keinen Kontakt mit der Polizei wünschen. Das wird von der MBR akzeptiert«, betont Müller. Andere von rechten Angriffen Betroffene hingegen entscheiden sich dafür, die Polizei einzuschalten. Müller nannte das Beispiel von Menschen, die nach rechten Drohungen Einbrüche in ihre Wohnungen befürchten. »Dann kann jemand von der Polizei die Fenster und Türen begutachten und Ratschläge für besondere Schutzmaßnahmen geben.«

Einige Sozialarbeitende im Publikum wünschten sich eine klare Stellungnahme gegen rechts auch von den Institutionen, in denen sie arbeiten. Auch Müller sieht darin einen offensiven Umgang mit rechten Strategien. Es mehren sich rechte Stimmen, die Sozialarbeiter*innen und deren Einrichtungen zu einer politischen Neutralität verpflichten und damit verhindern wollen, dass diese sich antifaschistisch und antirassistisch äußern. Müller stellt klar, dass eine an Menschenrechten orientierte Sozialarbeit klar gegen alle Formen von Rassismus Stellung nehmen sollte. In dieser Frage könne es keine Neutralität geben. Deshalb müsse man auch keine AfD-Vertreter*innen in Schulen oder Jugendzentren einladen, was vor den Landtagswahlen in mehreren Bundesländern zu häufig geschehe.

Probleme könne es geben, wenn rechte Jugendliche auf solchen Einladungen bestehen. Neuere Untersuchungen sehen gerade bei jungen Leuten eine Affinität zu rechten Parteien. Daneben wurde auch das Wiederauftauchen von offenen Neonazigruppen auf der Veranstaltung angesprochen. So sind Mitglieder der Neonazipartei Der III. Weg in den vergangenen Monaten in Berlin vor mehreren linken Jugendzentren aufgetaucht. Unter anderem wurden das JUP und die Bunte Kuh in Pankow und das La Casa in Hellersdorf bedroht. Vor einem vorschnellen Vergleich mit den Baseballschlagerjahren der 90er, als Neonazis Linke und Migrant*innen terrorisierten, warnte Müller allerdings: »Die Wahlergebnisse der AfD sind schon Grund zur Sorge, da braucht es nicht noch mehr Alarmismus.« Räume, in denen sich »auch Sozialarbeitende über die Bedrohung von rechts austauschen und vernetzen können«, seien nötig. In Berlin ist neben dem AKS auch der Solidaritätstreff Soziale Arbeit im Kiezhaus Agnes Reinhold im Wedding ein solcher Treffpunkt.

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