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Deutsche Sprinter wehren sich gegen das Abrutschen ins Mittelmaß

Den deutschen Radsportlern fällt es schwer, bei der Tour de France Etappensiege einzufahren

  • Tom Mustroph, Troyes
  • Lesedauer: 4 Min.
Pascal Ackermann (r.) kam bei den bisherigen Massensprints nicht am doppelten Etappensieger Biniam Girmay (M.) vorbei.
Pascal Ackermann (r.) kam bei den bisherigen Massensprints nicht am doppelten Etappensieger Biniam Girmay (M.) vorbei.

Geschafft, verdreckt, aber glücklich kam Pascal Ackermann bei der Schotteretappe am Sonntag ins Ziel. Die dicke Staubschicht auf seinem Gesicht erzählte von den Anstrengungen. Die Augen des Pfälzers aber strahlten. »Ich hatte richtig Spaß und geile Beine«, sprudelte es aus ihm heraus. Im Rennen hatte er lange den Überblick behalten, hielt sich bei den Favoriten auf den Gewinn des Gesamtklassements auf und hoffte darauf, dass diese im Kampf gegeneinander für ihn auch noch die Ausreißer des Tages wieder einfangen würden. »Schade, dass am Ende doch die Gruppe durchgekommen ist, sonst wäre das heute unser Tag gewesen«, bilanzierte der deutsche Radprofi.

Tatsächlich hielten sich von den endschnellen Männern nur noch der bereits zweifache Etappensieger Biniam Girmay, Weltmeister Mathieu van der Poel und der Australier Michael Matthews, der auch schon einmal das Grüne Trikot der Tour de France gewonnen hat, weiter vorn auf. Dass Ackermanns Form gut ist und damit der Traum vom Etappensieg nicht völlig vermessen, zeigte er damit, dass er den Sprint der Favoritengruppe für sich entschied.

Beim Blondschopf zeigt die Tendenz bei seiner ersten Tour de France eindeutig aufwärts. Dem 15. Platz im ersten Massensprint in Turin ließ er die Plätze sechs, neun und vier folgen. »Ich glaube, man sieht, dass es von Tag zu Tag besser geht. Jetzt hoffe ich, dass ich gut durch den Ruhetag komme, und danach geht’s weiter. Ich will meine Etappe gewinnen und gebe das nicht auf«, zeigte er sich am Montag zuversichtlich.

Tom auf Tour

Tom Mustroph, Radsportautor und Dopingexperte, begleitet diesen Sport weltweit seit mehr als 20 Jahren für »nd«.

Die Wünsche von Landsmann Phil Bauhaus sehen sehr ähnlich aus. Auch er holte in der ersten Tourwoche einen vierten und einen sechsten Platz. Die Zusammenarbeit mit Anfahrer Nikias Arndt funktioniert, allerdings muss Bauhaus seinen Frieden damit machen, dass die anderen Sprinter ähnlich endschnell sind wie er, wenn nicht noch etwas schneller. »Deshalb muss von der Positionierung her alles passen, dass man nicht zu früh, aber auch nicht zu spät heraus in den Wind geht«, erklärte Anfahrer Arndt gegenüber »nd« die Problematik. Daran feilen die beiden noch.

Eine generelle Problemlösung gibt es natürlich nicht, denn jedes Etappenfinale ist etwas anders. Mal stellen Kurven auf dem letzten Kilometer die größte Schwierigkeit dar, dann wieder spielen ein Anstieg oder der Wind eine Rolle. Bei Gegenwind etwa sollte man so spät wie möglich aus dem Schutz des Vordermanns herausfahren. Auch wenn die Zielgerade ansteigend ist, ist etwas längeres Warten oft von Vorteil. Das aber wissen die anderen auch. Sich im entscheidenden Moment eines Massensprints nicht von anderen Fahrern einbauen zu lassen, ist daher eine weitere Fertigkeit. Bauhaus, der im vergangenen Jahr bei der Tour immerhin einen zweiten und zwei dritte Plätze erreichte, will das auch in den nun folgenden Tagen bestätigen. »Beim nächsten Sprint hoffe ich auch mal auf das Podium zu fahren«, meinte er. Den könnte es gleich an diesem Dienstag geben, einen Tag nach seinem 30. Geburtstag also.

Pascal Ackermann ist vom gleichen 1994er Jahrgang. Beide kamen zum Radsport, als deutsche Sprinter wie Erik Zabel, Marcel Kittel und André Greipel das Maß aller Dinge waren. Inzwischen sind sie eher ins Mittelmaß abgerutscht. Und aus den jüngeren Jahrgängen drängt wenig nach.

Im Rundfahrt- und Klettergeschäft ist es ähnlich. Dort können die deutschen Teilnehmer bestenfalls auf Erfolge aus Ausreißergruppen heraus hoffen. Aussichtsreichste Kandidaten sind hier Simon Geschke und Georg Zimmermann. Letzterer gab gegenüber »nd« schon die Flachetappe an diesem Dienstag als mögliches Ausreißerziel an. Geschke hingegen dürfte sich mehr über die folgende Etappe am Mittwoch mit gleich fünf Begwertungen in der Hügellandschaft von Puy de Dome und Cantal freuen.

Geschke weiß, wie Tour-Etappensiege einzufahren sind. 2015 holte er einen – der bislang größte Karriereerfolg des gebürtigen Berliners. Zimmermann war 2023 mit Rang zwei schon mal sehr nah dran. Es besteht also Hoffnung, dass diese Tour, die bisher vom Eritreer Biniam Girmay und dem Slowenen Tadej Pogačar geprägt wurde, auch noch das eine oder andere deutsche Erfolgskapitel erhält.

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