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Deutsche Fußballerinnen vor Olympia im Sog der EM-Kicker

Das Stimmungshoch rund um die EM-Fußballer wollen die DFB-Frauen bis Olympia fortsetzen

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.
Training oder Teambuilding? Für Laura Freigang (l.) und Kathrin Hendrich stehen vor Olympia noch zwei EM-Qualifikationsspiele an.
Training oder Teambuilding? Für Laura Freigang (l.) und Kathrin Hendrich stehen vor Olympia noch zwei EM-Qualifikationsspiele an.

Wann hat es mal so viele schwarz-rot-goldene Fähnchen bei einem Training der deutschen Fußballerinnen gegeben? Am Dienstagabend im Paul-Janes-Stadion in Düsseldorf musste Lena Oberdorf nicht nur wegen der tief stehenden Sonne erst einmal genau hinsehen. Warmer Applaus von rund 2000 Fans, die ihre bei der Männer-EM erprobten Utensilien gerne noch einmal mitbrachten, empfing die Spielerinnen, die sich hinterher artig mit Selfies und verschenkten Bällen bedankten. Dass auch Horst Hrubesch so viele Autogrammwünsche wie möglich erfüllte, war für den Bundestrainer eine Selbstverständlichkeit: Viel mehr Rückendeckung hätte sich das Frauen-Nationalteam für den Flug am Mittwoch nach Reykjavik also kaum abholen können, bevor in der EM-Qualifikation gegen Island am Freitag (18.15 Uhr/ZDF) die vorletzte Pflichtaufgabe wartet.

Für den Abschluss gegen Österreich in Hannover am kommenden Dienstag (19 Uhr/ARD) sind bereits mehr als 34 000 Tickets verkauft. Für den Umstand, dass der achtfache Frauen-Europameister Deutschland die Qualifikation für die EM-Endrunde 2025 in der Schweiz längst in der Tasche hat, ist das eine herausragende Zahl. Die Arena am Maschsee war noch nie Spielort für ein Frauen-Länderspiel. Nun liefert Niedersachsens Landeshauptstadt den Beleg, dass die Grenzen zwischen den Geschlechtern zumindest für einen Teil des deutschen Publikums immer mehr verschwimmen, denn die Wechselwirkung der Nationalteams ist gerade ganz offenkundig. Von der Sympathiewelle rund um die Männer profitieren zurzeit die Frauen.

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Von der laufenden Europameisterschaft in Deutschland hat sich auch Hrubesch einige Spiele in Hamburg angesehen und die deutschen Auftritte natürlich am Bildschirm verfolgt. Die Mannschaft von Kollege Julian Nagelsmann habe sich »top verkauft und super gespielt«, es habe nur das »Quäntchen Glück« gefehlt. Vor allem das Miteinander, betonte der 73-Jährige, habe ihn tief beeindruckt. An dieser Stelle in der jüngsten Medienrunde holte sein Assistent Thomas Nörenberg noch ein bisschen weiter aus. Es sei »extrem beeindruckend gewesen«, wie das Männerteam die Menschen mitgenommen habe. Die Frauenauswahl habe nun »die gleiche Verpflichtung, ohne Wenn und Aber«, sagte der 60-Jährige in forderndem Tonfall. Der ewige Hrubesch-Vertraute, vom Bundestrainer liebevoll als »Chefchen« bezeichnet, hielt eine fast schon flammende Rede ans Ehrgefühl. Das Ensemble um Kapitänin Alexandra Popp sei bereits »auf einem ganz guten Weg«, dieser Weg werde aber »nie zu Ende sein«.

Auch die wie Hrubesch bald ebenfalls scheidende Ko-Trainerin Britta Carlson – dem neuen Bundestrainer Christian Wück werden nach Olympia dann die Ex-Nationalspielerinnen Saskia Bartusiak und Maren Meinert zur Seite stehen – hat von der Couch aus einen beispielhaften Teamgeist beobachtet: »Ich hoffe, dass wir dieses Wir-Gefühl, diesen Einsatz und diese Euphorie mittragen.«

Zur Erinnerung: Trotz einer zuvor von Harmonie geprägten EM 2022 waren die DFB-Frauen von der Weltmeisterschaft 2023 in Australien als zerrüttete Gemeinschaft zurückgekehrt, weil vor allem die Beziehung der Cheftrainerin Martina Voss-Tecklenburg zu den Spielerinnen völlig in die Brüche gegangen war. Nur deshalb hilft Hrubesch ein zweites Mal auf der Position aus. Der gebürtige Westfale liefert verlässlich als »uralter Mann« (Hrubesch) immer noch Klebstoff, wenn irgendwo im Deutschen Fußball-Bund (DFB) etwas auseinandergebrochen ist. Die Frauen sollen sich bei den Olympischen Spielen nun als verschworene Gemeinschaft präsentieren, vor allem, weil sich die U21-Männer überhaupt nicht qualifiziert haben.

Das gemäß der strengen Vorgaben des Internationalen Olympischen Komitees nur aus 16 Feldspielerinnen und zwei Torhüterinnen bestehende Aufgebot wird sich am 20. Juli in Frankfurt treffen, um einen Tag später in den Süden Frankreichs zu reisen. In Marseille geht’s dann gegen den WM-Vierten Australien (25. Juli) und Rekordolympiasieger USA (28. Juli), ehe in Saint-Étienne der Außenseiter Sambia wartet (31. Juli).

Der knappe Kader, die enge Taktung und die erwartete Hitze machen die Medaillen-Mission besonders herausfordernd. Hrubesch will dennoch schon bei der Einkleidung zu Wochenanfang »ein Leuchten in den Augen auch bei den Basketballerinnen und den Hockeyspielern« erkannt haben. Dieses völkerverbindende Sportereignis sei für Menschen gemacht, »die vier Jahre dafür trainieren, dass sie vielleicht schon im Vorlauf ausscheiden. Das musst du erst mal auf die Kette kriegen.« Noch immer schwärmt er glaubhaft davon, welcher besondere Geist im Olympischen Dorf geherrscht habe, als er 2016 in Rio de Janeiro zum Endspiel mit Deutschlands Männern einzog. 2024 dürfen seine neuen Schützlinge dieses Gefühl allerdings nur erleben, wenn sie das Finale am 10. August in Paris erreichen.

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