Schatten über Nusantara

Finanzielle Probleme und ein unrealistischer Zeitplan gefährden den Umzug der Regierung Indonesiens

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.
Blick auf die neue Stadt Nusantara, die einer einzigen Großbaustelle gleicht
Blick auf die neue Stadt Nusantara, die einer einzigen Großbaustelle gleicht

Indonesiens Präsident Joko Widodo ist ein Staatschef auf Abruf: Im Oktober muss er sein Amt an Prabowo Subianto übergeben. Vor allem einen Termin in den verbleibenden Monaten will sich Widodo jedoch keinesfalls nehmen lassen: die geplante Einweihung der neuen Hauptstadt Nusantara am Nationalfeiertag 17. August. Das auf 32 bis 35 Milliarden US-Dollar veranschlagte Megaprojekt soll sein Vermächtnis werden.

Nusantara liegt im Süden von Borneo und soll als Regierungssitz den problemgeplagten Moloch Jakarta ersetzen, der perspektivisch durch das stetige Absinken bei zugleich steigendem Meeresspiegel infolge des Klimawandels gefährdet ist. Wo sich bislang Dschungel erstreckte, dehnt sich künftig eine neue Großstadt aus. Der Flughafen soll nach Tests bereits am 1. August offiziell in Betrieb gehen. Die letzten Genehmigungen stehen aber noch aus, berichtete die »Jakarta Post«. Bei einem mehrtägigen Besuch hatte Widodo kürzlich neben symbolischen Spatenstichen und Grundsteinlegungen für weitere Einzelprojekte auch die Großbaustelle des künftigen Hauptstadt-Airports besucht, um sich über den Fortgang der Arbeiten zu informieren. Alles im Rahmen des Zeitplans zu vollenden, bleibe eine Herausforderung, räumten dabei Transportminister Budi Karya Sumadi und andere Verantwortliche ein. Baustart war erst vor einem Dreivierteljahr. Statt der eigentlich 3000 Meter langen Start- und Landebahn soll es zunächst eine provisorische geben, die 800 Meter kürzer ist, heißt es. Die Restarbeiten sollen bis Jahresende abgeschlossen sein.

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Während der Airport und einige andere Projekte zu 100 Prozent aus dem Staatshaushalt finanziert werden, ist die Regierung für etliche weitere Vorhaben im Stadtgebiet auf der Suche nach Partnern oder rein privaten Investoren. Allerdings fließen diese Finanzströme bislang spärlicher als erhofft. Da ist es besonders kontraproduktiv, dass kurz vor dem Einweihungstermin die beiden Hauptplaner der neuen Hauptstadt ihren Rücktritt erklärt haben: Bambang Susantono, der Chef der Nusantara-Entwicklungsbehörde, und sein Stellvertreter Dhony Rahajoe. Genaue Gründe für den Schritt wurden bisher nicht genannt. Ihre Aufgaben haben vorläufig zwei Kabinettsmitglieder übernommen – ein Imageschaden für Widodos Herzensprojekt aber bleibt.

Laut jüngsten Berichten ist Abschnitt eins, der die grundlegende Infrastruktur umfasst, inzwischen zu 80 Prozent fertiggestellt. Der Umzug einer ersten Gruppe von rund 6000 Staatsbediensteten aus Jakarta, der bereits in den kommenden Tagen erfolgen sollte, musste indes auf September oder gar Oktober verschoben werden. Zumindest der Transportminister hat als erstes Regierungsmitglied schon einige Tage vom Büro Nusantara aus gearbeitet. Lediglich ein etwa 1000 Personen umfassendes Kernteam, das für die Organisation der Feierlichkeiten am Unabhängigkeitstag gebraucht wird, soll dann schon vor Ort sein. Für den Rest fehlen insbesondere Unterkünfte: Die zwölf Hochhäuser, die in Zukunft Verwaltungsbeamte, Polizisten und andere Kräfte beherbergen sollen, lagen im Frühjahr laut einem Bericht des Newsportals Tempo erst bei einem Umsetzungsstand von gut 30 Prozent und damit um einiges hinter dem ursprünglichen Zeitplan. Genügend Beamtenwohnungen wird es damit im August noch nicht geben, auch bei der Versorgung mit Strom und Wasser gibt es teils Probleme. Widodo musste deshalb seine Pläne, schon im Juli umzuziehen, revidieren.

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