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Streumunition: Gefährlicher Präzedenzfall
Daniel Säwert über den Ausstieg Litauens aus dem Übereinkommen über Streumunition
Der Ukraine-Krieg ist längst ein Konflikt geworden, in den neben dem zweitgrößten Land Europas viele Akteure verwickelt sind. Russlands Invasion lässt bei vielen Politikern auf dem Kontinent alle Hemmungen fallen, immer mehr und tödlichere Waffen zu fordern und humanitäre Grundsätze über Bord zu werfen.
Aus Angst vor Moskau ziehen Russlands Nachbarstaaten Zäune an der Grenze hoch. Estland will bis Anfang 2025 einen Ostwall mit 600 Bunkeranlagen errichten und Minenfelder verlegen. Lettland will in den kommenden fünf Jahren 303 Millionen Euro für Verteidigungsanlagen ausgeben und hat bereits damit begonnen, Schützengräben auszuheben. Und Litauens Hauptstadt Vilnius schützt sich seit Neuestem mit Panzerbarrikaden gegen den heranstürmenden Russen. Und der größte der drei baltischen Staaten geht noch einen Schritt weiter. Am Mittwoch hat das Land beschlossen, sich künftig mit Streumunition verteidigen zu wollen.
Vor 13 Jahren war Litauen der Streubomben-Konvention beigetreten, hatte sich entschieden, die verheerende Waffe zu ächten. Der jetzige Rückzug aus dem Vertrag (bei nur einer Gegenstimme) ist ein gefährlicher Präzedenzfall. 111 Länder haben das Übereinkommen unterzeichnet, zuletzt Nigeria 2023. Ausgetreten aus der Konvention ist bisher noch niemand. »Der Rückzug Litauens stellt einen gefährlichen Präzedenzfall dar und wird tiefgreifende Auswirkungen haben, da er die Rechtsstaatlichkeit und die Normen gegen diese Waffen weiter untergräbt«, warnt die NGO Handicap International.
Und es ist eine Lüge gegenüber den Menschen in Litauen. Streubomben sind keine Defensivwaffen, sie sind Waffen des Grauens, die Landstriche verwüsten und vor allem Zivilisten treffen. Die Behauptung des rechten Außenministers Laurynas Kasčiūnas, Streumunition sei heute »viel sicherer« und werde »verantwortungsvoller eingesetzt«, ist jetzt schon ein Top-Kandidat für die Unphrase des Jahres.
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