Gefährliche Fehlkalkulation

Die Tötung des Hamas-Chefs Ismail Hanijeh könnte die Gespräche für eine Waffenruhe platzen lassen

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 2 Min.
Ein Palästinenser hängt ein großes Bild von Ismail Hanijeh in einer Halle im palästinensischen Flüchtlingslager Burdsch Al-Bradschneh im Libanon auf; rechts daneben das Porträt des ebenfalls getöteten Scheich Ahmad Yasin, der als Gründer der Hamas gilt. Palästinensische Gruppierungen hatten für den 31. Juli zu einem Generalstreik und zu Demonstrationen aufgerufen, um gegen die Tötung des politischen Führers der Hamas, Ismail Hanijeh, in Teheran zu protestieren.
Ein Palästinenser hängt ein großes Bild von Ismail Hanijeh in einer Halle im palästinensischen Flüchtlingslager Burdsch Al-Bradschneh im Libanon auf; rechts daneben das Porträt des ebenfalls getöteten Scheich Ahmad Yasin, der als Gründer der Hamas gilt. Palästinensische Gruppierungen hatten für den 31. Juli zu einem Generalstreik und zu Demonstrationen aufgerufen, um gegen die Tötung des politischen Führers der Hamas, Ismail Hanijeh, in Teheran zu protestieren.

Es darf gewettet werden, wer recht behalten wird – der israelische Minister, der meint, Ismail Hanijehs Tod mache die Welt besser, oder die Hisbollah-Miliz, die prophezeit, sein Tod werde den Widerstand gegen Israel verstärken. Aus israelischer Sicht mag das Ziel, Hanijeh zu töten, Sinn ergeben: Er galt als Staatsfeind; Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat als Kriegsziel die Vernichtung der Hamas ausgegeben. Mit der rechtswidrigen Tötung räumt die israelische Armee gleichzeitig einen Verhandlungspartner aus dem Weg, mit dem sie eine Einigung finden wollte für eine Waffenpause im Gaza-Krieg. Man muss also annehmen, dass der israelischen Seite nicht viel gelegen ist an einem Abkommen, ebenso wenig an den Geiseln.

Die ungesetzliche Tötung des politischen Kopfs der Hamas-Miliz führt die Nahostregion näher an den Abgrund eines großen militärischen Konflikts. Die Implikationen sind weitreichend, auch für den Iran. Ausgerechnet der neu gewählte Präsident Massud Peseschkian, der sich für weniger Konfrontation ausgesprochen hat, muss nun mit den Folgen des Angriffs mitten in der Hauptstadt Teheran klarkommen. In dieser Lage wird er Revolutionsführer Ali Khamenei wohl kaum von der Notwendigkeit einer anderen Außenpolitik überzeugen. Und dass die iranische Führung nun erst recht nach der Atombombe greifen könnte, um potenzielle Angreifer abzuschrecken, ist ebenso plausibel.

Der Iran und die Hisbollah werden reagieren, wollen sie keine Schwäche zeigen. Das ist das Dilemma in einer Region, die von Waffengewalt, Machtdemonstration, Interventionen und Repression gekennzeichnet ist. Einen Angriff mit Flugzeugen auf Israel wird der Iran nicht wagen, aber mit der Hisbollah abgestimmte Raketenangriffe auf israelische Städte sind denkbar. Damit stiege auch die Wahrscheinlichkeit eines Krieges im Libanon.

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