François Tchekemian über Olympia: »Wer nicht da ist, bereut es«

Der Direktor für Jugend und Sport der Stadt Paris, über die Sommerspiele – und was dem Breitensport davon bleibt

In Frankreichs Hauptstadt steckt derzeit überall Olympia.
In Frankreichs Hauptstadt steckt derzeit überall Olympia.

Die Spiele laufen, die Wettkampfstätten sind voll, die Zuschauer begeistert. Wie steht es um den Breitensport in Paris, ruht der im Moment?

Nein, nein, natürlich sind eine Menge Sportanlagen von Olympia belegt, aber alle anderen sind auch jetzt für alle geöffnet. Wir haben Ferien, und wie jedes Jahr haben wir 8000 Kinder unter 15, die unter Anleitung von erfahrenen Trainern neue Sportarten ausprobieren können. Tennis, Schwimmen, Leichtathletik. Wegen Olympia ist dieses Jahr aber etwas weniger möglich als sonst im Sommer.

Es werden bei Olympia kaum neue Wettkampfstätten errichtet. Was bleibt den Parisern nach Olympia?

Natürlich haben wir zuerst die La-Chapelle-Arena im Norden, die ist zauberhaft und passt perfekt, weil wir in dieser Größe für 7000, 8000 Zuschauer nichts hatten. Der neue Klub Paris Basketball wird dort einziehen, aber es gibt auch zwei Hallen in der Arena, die kleinere Pariser Vereine nutzen werden. Zudem haben wir fünf Sportstätten, die komplett saniert wurden, so zum Beispiel das Olympiaschwimmbad von 1924, Paul Valeyre. Johnny Weissmüller ist da geschwommen, Tarzan. Ein historischer Ort. Diese fünf rekonstruierten Sportstätten sind nach Olympia für alle Pariser nutzbar.

Interview

François Tchekemian, 53, ist als Direktor für Jugend und Sport bei der Stadt Paris zuständig für den Breiten­sport in der dicht besiedel­ten Olympia­metropole.

Ist Paris eine Stadt, die es ihren Einwohnern leicht macht, Sport zu treiben?

Nun ja, Paris ist eine Stadt der Gegensätze. Und sie ist vor allem dicht besiedelt; in Sachen Quadratmeter pro Einwohner sind wir ein Extremfall. Deswegen sind manche Sportstätten von 7 Uhr morgens bis Mitternacht geöffnet, einfach damit alle die Möglichkeit haben zu trainieren. Wir versuchen die Stadt grüner zu machen, und Sport gehört dazu: Wir schließen die Seine-Ufer am Sonntag für Autos, damit die Menschen dort joggen oder skaten können. Oder einfach nur spazieren. Wir haben die Aktion »Paris Sport Dimanche« ins Leben gerufen (Sport in Paris am Sonntag): Sonntags wird an öffentlichen Plätzen von 10 bis 11 Uhr Sport getrieben, unter Anleitung von Sporttrainern des französischen Nationalen Olympischen Sportkomitees und angeschlossener Verbände.

Wie viele Leute treiben in Paris organisiert Sport?

Es sind 250 000 Menschen, nur 35 Prozent davon sind Frauen. Das ist eine Aufgabe für uns. Das wollen wir ändern, dringend.

Haben Sie für ein paar von den Menschen aus dem organisierten Sport Olympiatickets bekommen können?

Ja, 4500, die haben wir über die Vereine verteilt. Basketballer gehen zu Basketballspielen, Leichtathleten schicken wir zu den Leichtathletikwettbewerben. Und natürlich haben wir überproportional viele Fußballer und Rugby-Leute in Paris, denen haben wir Tickets zu Sportarten gegeben, die zu ihnen passen, Badminton beispielsweise, da braucht man auch nicht groß die Regeln zu kennen.

Es waren ja viele Pariser olympiaskeptisch, einige sind sogar extra verreist, um den Spielen zu entfliehen. Doch nun läuft alles ziemlich rund. Glauben Sie, der ein oder andere bereut es, nicht in der Stadt zu sein?

Da bin ich mir sogar ganz sicher, denn ich habe Freunde, die mir aus dem Urlaub Nachrichten schicken: »Was für eine schöne Eröffnung!« Oder ein anderer: »Ich sehe es im Fernsehen, ich sehe Lächeln auf den Gesichtern der Pariser, ich wär gern dabei!« Also ja, ich weiß, dass es viel Bedauern bei denen gibt, die Reißaus vor den Spielen nehmen wollten. Wer nicht dabei ist, bereut es.

Ein typisches Phänomen: Vor Olympia haben die Einheimischen wenig Lust drauf, und dann macht es ihnen Spaß, bei allem Ärger.

Ja, die Olympischen Spiele haben ihren ganz eigenen Zauber, und ich glaube, bei den Paralympics wird das genauso sein.

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