Wahlkampf um die Rente

Altersarmut: Statt Einmalzahlungen an Rentner fordert Die Linke eine Sondersitzung vor der Wahl

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.
Flaschensammler in Potsdam: Altersarmut ist in Brandenburg Wahlkampfthema.
Flaschensammler in Potsdam: Altersarmut ist in Brandenburg Wahlkampfthema.

»Das reiche Deutschland ist das Land der armen Rentner.« Wenngleich dieser Satz von Linke-Spitzenkandidat Sebastian Walter nicht auf alle Menschen im Ruhestand zutrifft, so ist Altersarmut doch ein wachsendes soziales Problem in Brandenburg. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) will deswegen eine jährliche Einmalzahlung für Rentnerinnen und Rentner prüfen.

Für Die Linke ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, auch und gerade weil diese Einmalzahlung auf Empfänger der Grundrente beschränkt sein soll.
Walter, der auch Landeschef und Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Landtag ist, forderte: »Keine Sparpolitik zulasten der Älteren – Sondersitzung jetzt!« Was der Ministerpräsident da prüfen lassen wolle, »mutet wie ein Almosen zur Gewinnung von Wählerstimmen an«. Woidke solle »endlich mal klotzen, statt immer nur zu kleckern«.

»Viele müssen mit Renten unter dem Grundsicherungsniveau und somit mit dauerhafter Altersarmut auskommen.«

Sebastian Walter Linke-Spitzenkandidat

Fakt sei, dass die Durchschnittsrente in jedem Landkreis Brandenburgs unterhalb der Armutsgrenze liege. Ausnahmen würden nur die kreisfreie Stadt Cottbus und der Kreis Oberspreewald-Lausitz bilden. Dabei berief sich Walter auf die Antwort von Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) auf seine eigene parlamentarische Anfrage. »Wir fordern dazu eine Sondersitzung des Landtages noch vor der Landtagswahl.«

Statt lediglich »ein paar mickrige Euro für Rentnerinnen und Rentner in Aussicht zu stellen«, was weder Problembewusstsein noch Respekt zeige, spiele Woidke das alte unsägliche Spiel auf Zeit: Verheißung vor der Wahl, Ernüchterung danach. Das gehe weiter zulasten der vielen von Armut betroffenen Rentnerinnen und Rentner in diesem Land. Walter: »Das Rentensystem muss bundesweit reformiert werden, dafür muss sich Brandenburg dringend starkmachen.«

Solange sich nicht alle Bevölkerungsgruppen, »gerade auch Politiker, Politikerinnen und Beamte«, an einer solidarischen Finanzierung der Rente beteiligen, wird sich am fragilen Zustand der Rentenfinanzierung nichts ändern, ist Walter sich sicher. »Ein gemeinsamer Topf für alle würde den Druck auf die Rentenkassen beseitigen und das Niveau der gesetzlichen Rente deutlich steigern.« Solange dagegen die Besteuerung von Rentnerinnen und Rentnern auch mit kleinen und mittleren Renten anhält, werde deren Lebensleistung weiter geschmälert.

Walter zufolge ist die Situation der Rentnerinnen und Rentner im Land Brandenburg besonders bedrückend. »Viele von ihnen müssen mit Renten unter dem Grundsicherungsniveau und somit mit dauerhafter Altersarmut auskommen.« Und diese Situation wird sich weiter verschlimmern. Eine der Ursachen besteht in den vielen gebrochenen Erwerbsbiografien aufgrund der hohen Nachwende-Arbeitslosigkeit.

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Hinzu trete die Tatsache, dass der Osten und damit auch Brandenburg noch immer einen überdurchschnittlich großen Niedriglohnsektor aufweise, der mit prekärer Beschäftigung einhergeht. Sozialpolitische Instrumente wie die »Rente für besonders langjährig Versicherte« sind für Brandenburgerinnen und Brandenburger wegen längerer Zeiten der Arbeitslosigkeit oft nicht praktikabel. Verschärft wird die Situation dadurch, dass sie im Gegensatz zu Menschen in den alten Bundesländern kaum über Rücklagen zur Aufbesserung ihrer Renten oder über Renten aus langjähriger Betriebszugehörigkeit verfügen.

Als unwirksam hat sich laut Walter »die viel gepriesene Riester-Rente erwiesen«. Das bestätigte vor einigen Tagen der Geschäftsführer der brandenburgischen Verbraucherzentrale Christian A. Rumpke. »Ich bleibe dabei: Riester muss weg«, sagte er bei der Präsentation des Jahresberichtes der Zentrale. Auch wenn es sich eher um ein »bundeslastiges Thema« handele, so müsse man auf die Fragwürdigkeit des Nutzens für die gutgläubigen Vertragsunterzeichner hinweisen. Die SPD-geführte Bundesregierung habe seinerzeit den Menschen suggeriert, sie könnten mit solchen Riester-Verträgen das sinkende Niveau der gesetzlichen Rente ausgleichen. Wenn überhaupt, dann seien es nur minimale Summen, die bei den Menschen wirklich ankämen. Zu Hunderttausenden seien Menschen laut Rumpke damals »hinter die Fichte geführt« worden von Verkäufern »mit dem Dollarzeichen im Auge«. Die Einzigen aber, die laut Rumpke definitiv gewonnen hätten, seien diejenigen gewesen, die die Provisionen für die Verträge eingestrichen hätten.

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