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- »Initiative 2. Mai«
Mannheim: Polizist droht Soligruppe
Initiative soll zu tödlicher Polizeigewalt schweigen
»Hier gibt es nichts zu sehen, bitte gehen Sie weiter« steht derzeit auf der Webseite der »Initiative 2. Mai«. Die Soligruppe hatte sich anlässlich des tödlichen Polizeieinsatzes vom 2. Mai 2022 in Mannheim gegründet. Dabei starb der unter paranoider Schizophrenie leidende 47-jährige Ante P., nachdem ihn zwei Beamte am Marktplatz der Stadt zunächst mit Pfefferspray angegriffen und zu Boden gebracht hatten. Dort versetzte ihm einer der Polizisten vier Schläge gegen den Kopf und fixierte ihn mit dem Knie. Die Hände des Opfers waren dabei auf dem Rücken mit Handschellen gefesselt. Nach sechs Minuten in dieser bewegungslosen Bauchlage erstickte Ante P. oder starb an Herzversagen. Reanimationsmaßnahmen unterließen die Polizisten.
Seit ihrem Bestehen fordert die »Initiative 2. Mai« zusammen mit der Familie eine Verfolgung der Täter in Uniform. Weil sich tödliche Polizeieinsätze in Mannheim anschließend häuften, nahm die Soligruppe auch diese in den Blick: Eine Woche nach Ante P. starb ein Mann bei einem Polizeieinsatz nach einem Beinschuss – der allerdings nicht todesursächlich gewesen sein soll. Ebenfalls im psychischen Ausnahmezustand erschoss die Polizei im Dezember 2023 Ertekin Ö. wegen eines Messers. Im vergangenen April erlag ein Mann, der mit einer Machete bewaffnet war, seinen Verletzungen durch eine Polizeikugel.
Zumindest mit der Kritik am tödlichen Einsatz vom 2. Mai 2022 soll nun Schluss sein: Benjamin Z., einer der beteiligten Beamten, droht der Initiative über seine Anwälte mit einer Unterlassungsklage. Ob der Aufforderung des 26-jährigen Polizeihauptmeisters nachgekommen wird, bleibt offen. »Das Einfordern von Gerechtigkeit für Ante P. und Ertekin Ö. und unsere Kritik an der Aufarbeitung der beiden Todesfälle, stellen für uns keine Straftat dar«, schreibt die Initiative auf ihrer Webseite.
Hintergrund der Drohung ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), der kürzlich das Urteil des Mannheimer Landgerichts gegen den Polizisten Z. bestätigt hat. Dieser war bereits in erster Instanz vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen freigesprochen worden. Die Revision beim BGH legte anschließend die Nebenklage ein.
Die Entscheidung des BGH über ein Revisionsverfahren nach der Verurteilung des zweiten Beamten Leon J. zu einer Geldstrafe steht noch aus. Der prügelnde 28-jährige Polizeioberkommissar war wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge angeklagt. Diesen Vorwurf verwarf das Landgericht jedoch und befand das Verhalten der Polizisten als weitgehend gerechtfertigt. Ante P. habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dargestellt, so die Begründung. Lediglich die Körperverletzung durch den Beamten J. wertete das Landgericht als unangemessen und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 6000 Euro.
Die letzte Entscheidung des BGH wird im Herbst erwartet. Nach den Urteilen werden die Disziplinarverfahren gegen die beiden Beamten fortgesetzt, erklärte das Polizeipräsidium Mannheim.
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