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Tourismus in Brandenburg: Mehr Übernachtungen, weniger Personal

Einstiges FDGB-Ferienheim der Charité in Neupitz heute wurde ein Ort der Begegnung

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.
An Seen und Bootsstegen mangelt es nicht in Brandenburg. Das einstige FDGB-Ferienheim in Neupitz liegt an einem See und braucht einen neuen Steg.
An Seen und Bootsstegen mangelt es nicht in Brandenburg. Das einstige FDGB-Ferienheim in Neupitz liegt an einem See und braucht einen neuen Steg.

Wie lässt sich in Zeiten von Homeoffice und Video-Konferenzen die zunehmende Isolierung und Einsamkeit überwinden? In Neupitz bei Teupitz im Landkreis Dahme-Spreewald ist ein Ort entstanden, in dem ein Gemeinschaftsgefühl wieder erlebt werden kann. Die diesjährige Tourismus-Reise des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums hat an diesen Ort geführt. Traumhafte Landschaft, ein See, eine kleine Sauna, Zelte, Ruhe und Abgeschiedenheit. Gründer Stephan Gabler pachtete das einstige Feriengelände der Berliner Universitätsklinik Charité im Teupitzer Ortsteil Neupitz für 40 Jahre von den Berliner Stadtgütern. Mit Schwung und einer Menge geliehenem Geld hat er eine Anlage geschaffen, in der Teams wieder zueinander finden sollen. Denn wie er aus Erfahrung weiß: »Arbeitgeber haben heute Schwierigkeiten, ihre Mitarbeiter zu motivieren und hinter einer gemeinsamen Vision zu vereinen.«

Ja, der ruhige Fleck am See ist ein Arbeitsort. An Durchreisende, die einfach nur Urlaub machen und baden wollen, wendet sich das Angebot nicht. Initiator Gabler, einst Softwareentwickler, hat einen »Ort der Begegnung« konzipiert, an dem Menschen unterschiedlicher Herkunft und Berufe zwanglos miteinander ins Gespräch kommen können.

Im Haupthaus sind zwölf Zimmer modern renoviert und eingerichtet, in der Sommerzeit stehen zusätzlich sieben Bungalows für Gäste bereit. Diese einfachen, noch aus der DDR-Zeit stammenden Gebäude beherbergten einstmals Ärzte, Krankenschwestern und anderes Personal der Charité, die einen der Urlaubsplätze hier ergattert hatten. Gabler staunt, wie schlicht es dabei zugegangen war. »Für alle Bungalows gab es eine einzige Dusche.« Mittlerweile sind alle Bungalows innen auf den neusten Stand gebracht. Dass sie allerdings im Winter nicht nutzbar sind, reduziert die Verwertungsmöglichkeiten.

»In der Summe ist Brandenburg besser aus der Krise herausgekommen als andere Bundesländer.«

Jörg Steinbach SPD-Wirtschaftsminister

Besucher fordern inzwischen einen weit höheren Standard als der Feriendienst des Gewerkschaftsbundes FDGB ihn in Neupitz vor Jahrzehnten bot. Elf Investoren stellten eine halbe Million Euro bereit. Seit April ist Neupitz empfangsbereit. Der Zuspruch war unerwartet hoch, seit August ist man komplett ausgebucht. Im bisherigen Bestand ist das Unternehmen aber noch nicht profitabel. Ein Anbau für 20, besser 30 neue Zimmer müsste her. Gabler kommt auf den Pferdefuß zu sprechen: Der Bauantrag wurde trotz Unterstützung seitens der Bürgermeisterin zweimal abgelehnt. Nun muss ein neuer Bebauungsplan durch die
Stadtverordnetenversammlung bestätigt werden. Ähnlich restriktiv verhält
sich die Baubehörde gegenüber dem Plan, die beiden kleinen und schon ramponierten Stege in den Teupitzer See hinein durch einen großen Steg zu ersetzen. Stephan Gabler will sich nicht geschlagen geben: »Der Steg ist das Ziel.«

Womit er überhaupt keine Sorgen habe, sei das Personal. Damit unterscheidet sich die Lage des Neupitzer Projekts, das vom Flughafen BER in 20 Minuten erreichbar ist, von der allgemeinen Situation im brandenburgischen Hotel- und Gaststättengewerbe. Brandenburgs für den Tourismus zuständiger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) spricht von »reichlich Bauchschmerzen«, die er angesichts der schwierigen Fachkräftesituation im ansonsten florierenden Fremdenverkehr Brandenburgs verspüre. In der Coronazeit quittierten viele Angestellte den Dienst in den zwangsweise geschlossenen Hotels und Gaststätten. »Wer da verloren gegangen war, der ist endgültig verloren, der kommt nicht mehr zurück.« Das schmerze um so mehr, als dass Brandenburg »in der Summe besser aus der Krise herausgekommen ist als andere Bundesländer«. Was die Beherbergung betreffe, könne man sich »über tolle Zahlen freuen«. Inzwischen liegen sie Steinbach zufolge deutlich über dem Vor-Corona-Jahr 2019.

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Steinbachs Mitarbeiter Martin Linsen nennt als Auswirkungen des Fachkräftemangels Gaststättenschließungen oder auch reduzierte Öffnungszeiten und Speisenkarten mit weniger Auswahl. Am Zuwachs bei den Übernachtungen habe das indessen noch nicht gekratzt. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023 sei 2024 die Zahl der Übernachtungen in Brandenburg um 1,9 Prozent gestiegen, bei der Gästezahl habe der Zuwachs 5,3 Prozent betragen. 6,4 Millionen Übernachtungen und 2,5 Millionen Gästeankünfte sind in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres gezählt worden. Betrachtet werden dabei Herbergen mit mehr als sechs Betten. Vor allem Campingplätze boomen. Sie waren laut Linsen »die letzten, die wegen Corona geschlossen wurden, und die ersten, die wieder geöffnet hatten«.

Jeder zwölfte Brandenburger sei im Fremdenverkehr beziehungsweise im Gastgewerbe tätig, erklärt Christian Woronka, Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH. Als beliebtestes Reisegebiet habe sich erneut der Spreewald erwiesen, gefolgt vom Dahme-Seenland. Auch die Landeshauptstadt Potsdam habe mit einem Plus von sieben Prozent deutlich mehr Besucher verzeichnet. Wichtigstes Herkunftsland der aus dem Ausland nach Brandenburg reisenden Touristen bleibt Polen, gefolgt von den Niederlanden und Großbritannien. 2,6 Tage bleiben die Besucher durchschnittlich.

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