Wasserstoff aus Namibias Wüste

Eine Konferenz in Windhoek wirbt für H2-Projekte in Afrika

Dezember 2002: Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck und sein namibischer Amtskollege Tom Alweendo nach Gesprächen in Windhoek über mögliche Wasserstoffkooperationen
Dezember 2002: Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck und sein namibischer Amtskollege Tom Alweendo nach Gesprächen in Windhoek über mögliche Wasserstoffkooperationen

Mehr als 2000 Teilnehmer, darunter Minister aus über 20 Staaten, Unternehmens- und Behördenvertreter, Investoren und Fachleute werden ab Dienstag zum ersten Afrikanischen Wasserstoffgipfel erwartet. Namibias Linksregierung hat zu der dreitägigen Konferenz in die Hauptstadt Windhoek geladen. Man möchte nichts weniger als »Afrikas grüne industrielle Revolution vorantreiben«.

Gerade »grüner« Wasserstoff wird absehbar Mangelware bei hoher internationaler Nachfrage bleiben. Afrika sei in der Lage, eine zentrale Rolle bei der globalen Umstellung zu spielen, heißt es in der Einladung zu der Veranstaltung. Der Kontinent verfüge über ein »riesiges Potenzial« an Solar-, Wind-, Wasser- und geothermischen Ressourcen für die H2-Herstellung. Durch die Förderung des lokalen Unternehmertums könne Wasserstoff ein Wirtschaftswachstum ankurbeln, das allen Teilen der Gesellschaft zugutekomme, wie es Konferenzleiter William Shilamba, Chef der Plattform energy.com.na, ausdrückt.

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Namibia möchte sich wiederum in Afrika als Vorreiter präsentieren. Ab Ende kommenden Jahres sollen dort zwei umgebaute Dieselloks mit Wasserstoffantrieb über die Schienen rollen. Zudem wird gerade an der Machbarkeitsstudie für eine H2-Pipeline zwischen der Hafenstadt Lüderitz im Landessüdwesten und der Provinz Nordkap beim großen Nachbarn Südafrika gearbeitet. Nahe Lüderitz ist das Milliardenprojekt Hyphen in Vorbereitung. Gefördert von der deutschen Regierung und mit Beteiligung des namibischen Staates sollen hier ab 2027 jährlich bis zu 350 000 Tonnen Wasserstoff bzw. 2 Millionen Tonnen Ammoniak produziert werden. Bei der Projektierung ist auch die brandenburgische Firma Enertrag vertreten.

Insbesondere die Rede von einem »fairen und inklusiven Übergang« stößt vor Ort auch auf Zweifel. Soll hier lediglich der Bedarf bei der einstigen Kolonialmacht Deutschland gedeckt werden, statt die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort voranzutreiben? Bisher sei auch keine Sorgfaltsprüfung der Umweltauswirkungen durchgeführt worden, kritisierte Tjipura Unaune Tjipura von der Initiative Social Economic Justice Trust am Montag bei einer Online-Pressekonferenz. Und: »Der Mangel an Nachvollziehbarkeit und Transparenz von Projektbeginn an ist besorgniserregend.«

Obwohl teilweise traditionelles Land der Ovaherero und Nama betroffen ist, wurden diese indigenen Bevölkerungsgruppen bisher nicht einbezogen. Die geplante Erweiterung des Hafens von Lüderitz für die Exportinfrastruktur bedroht sogar eine Gedenkstätte für die Opfer des Völkermords durch deutsche Kolonialsoldaten.

Eine Studie der Universität Oxford stellt zudem die Wirtschaftlichkeit des Hyphen-Projekts infrage. Demnach sei mit Produktionskosten von bis zu 172 Namibia-Dollar pro Kilogramm Wasserstoff zu rechnen, während bisher von maximal 48 Dollar die Rede war. Ferner seien die Baukosten mindestens doppelt so hoch wie veranschlagt. Hyphen selbst weist dies zurück: Anders als es die Studie darlege, agiere man für viele Jahre in einem Verkäufermarkt und könne die Preise praktisch frei festlegen.

Unabhängig davon stellt sich die Frage, woher das viele Wasser für die H2-Produktion in der Wüstenregion kommen soll. Dafür soll Meerwasser aufwendig aufbereitet werden. Es herrscht aber schon jetzt in Folge einer Dürre akute Knappheit an dem kostbaren Nass: Die Windhoeker Stadtverwaltung hat zum 1. September die Tarife für größeren Verbrauch massiv erhöht, da Appelle zur freiwilligen Einschränkung nicht ausreichend fruchteten.

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