Industriepolitik nach Laune von Tesla

Linke kritisiert, Brandenburg habe sich von dem Milliardär Elon Musk abhängig gemacht

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Wer ist die Marionette? Elon Musk (hier zu sehen als Puppe) – oder Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD)?
Wer ist die Marionette? Elon Musk (hier zu sehen als Puppe) – oder Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD)?

»Wir dürfen die Zukunft Brandenburgs nicht davon abhängig machen, ob Elon Musk gute Laune hat oder schlechte«, verlangt Linke-Spitzenkandidat Sebastian Walter am Montag. Weniger als zwei Wochen vor der Landtagswahl am 22. September erinnert, er außerhalb der Landesgrenzen, im Berliner Karl-Liebknecht-Haus an die »riesige Euphorie«, die 2019 der Ankündigung von Tesla-Boss Elon Musk folgte, eine gigantische Fabrik für Elektroautos mit bis zu 40 000 Beschäftigten östlich der Hauptstadt in Grünheide zu bauen.

Leider habe sich die Politik von Tesla abhängig gemacht, beklagt Sebastian Walter und erwähnt ausdrücklich Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (beide SPD). Die Umwelt werde »verramscht« und Elon Musk immer noch der rote Teppich ausgerollt. Recht werde gebogen oder sogar gebrochen, um dem Konzernchef alle Wünsche zu erfüllen. Auch der Wille der Anwohner werde ignoriert.

In einer Bürgerbefragung hatte sich eine Mehrheit gegen die geplante Erweiterung des Werks ausgesprochen. Es wurde aber lediglich die Fläche reduziert, die gerodet werden soll. Ein Protestcamp mit Baumhäusern stemmt sich gegen das Abholzen der Fläche. Dem Argument, das sei ja kein richtiger Wald, sondern nur eine »Stangenplantage«, widerspricht Sebastian Walter: Das seien Kiefern – und wenn Kiefern kein Wald wären, dann seien 80 Prozent des Forsts in Brandenburg kein richtiger Wald, weil da auch nur Kiefern wachsen.

»Wir dürfen die Zukunft Brandenburgs nicht davon abhängig machen, ob Elon Musk gute Laune hat oder schlechte.«

Sebastian Walter Linksfraktionschef

Walter kritisiert am Montag auch, dass viele Bahnhöfe in Brandenburg seit Jahren darauf warten, einen Aufzug zu bekommen, während für die Tesla-Fabrik kurzerhand ein komplett neuer Bahnhof Fangschleuse hingesetzt werde.

Industriearbeitsplätze sind Sebastian Walter im Prinzip willkommen. Er erkennt auch an, dass die Löhne in der Tesla-Fabrik über dem brandenburgischen Durchschnitt liegen. Allerdings zahlten andere Autobauer ihren Belegschaften 20 Prozent mehr, merkt der Oppositionspolitiker an. Außerdem sagt er noch, Arbeitsunfälle seien in der Tesla-Fabrik an der Tagesordnung. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) habe sich deswegen vor einem Jahr besorgt gezeigt. Es werde dennoch nicht schärfer kontrolliert.

Vor einem Jahr hatte das brandenburgische Sozialministerium allerdings erklärt, es habe bis dahin sieben schwere Arbeitsunfälle gegeben, was bei der Größe dieser Fabrik keine ungewöhnlich hohe Zahl sei. Der Bruder eines Arbeiters sagte »nd« vor einigen Monaten, die Berichte über die Zustände im Werk seien völlig überzogen, wenn nicht frei erfunden. Sonst hätte der Bruder doch etwas mitbekommen.

Fakt ist, dass Elon Musk 2022 den russischen Präsidenten Wladimir Putin herausforderte, Mann gegen Mann um die Ukraine zu boxen. Ein Vorschlag, den Linksfraktionschef Walter nur peinlich fand. Dem ehemaligen Gewerkschaftsfunktionär Walter taten die Beschäftigten leid, die so einen Boss haben. Am Montag verwendet Walter die Bezeichnung »verrückter Milliardär«. Elon Musk hat seinen Reichtum unter anderem dazu verwendet, die Internetplattform Twitter zu kaufen, nachdem der ehemalige US-Präsident Donald Trump dort 2021 mit der Begründung gesperrt worden war, nach dem Sturm aufs Kapitol könnte Trump erneut zur Gewalt anstiften.

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»Ein Trump-Fan« und »ein typischer Rechter« ist Elon Musk deshalb für Katina Schubert. Die Bundesgeschäftsführerin der Linken steht Sebastian Walter am Montag zur Seite. Musk versuche, »den Staat zu bescheißen«, sagt sie. »Dieses Modell darf nicht Schule machen.« Einerseits beschäftige Musk Arbeiter mit Migrationshintergrund. Die Arbeitsagentur lobt, dass Tesla diesen Menschen auch bei fehlenden Berufsabschlüssen und mangelnden Sprachkenntnissen eine Chance gibt. Andererseits sei Musk gegen Geflüchtete und äußere sich positiv über die AfD, schimpft Schubert.

Schubert und Walter legten im Liebknecht-Haus einen Plan für eine nachhaltige Industrie in Brandenburg und Deutschland vor. Unter der Überschrift »Der Tesla-Qual ein Ende setzen« heißt es in dem Papier: »An Tesla entscheidet sich, wie die Industrie der Zukunft aussieht: auf Kosten von Umwelt und Beschäftigten Luxuskarossen für die globale Oberschicht produzieren – oder mit guter Arbeit und Umweltstandards sinnvolle Produkte für die Mehrheit der Menschen herstellen. Wir brauchen endlich eine Strategie für eine soziale und nachhaltige Industrie: Wir müssen Konzerne in die Schranken weisen, Arbeitsrecht durchsetzen und die Wirtschaft so umbauen, dass dabei die Mehrheit der Menschen gewinnt, statt rechts-libertäre Multimilliardäre.«

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