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  • Christopher Street Day

CSD in Oranienburg: Erst queere Freude, dann rechte Gewalt

42 Neonazis treffen in Oranienburg auf 1000 CSD-Teilnehmende

  • Yasha Domscheit
  • Lesedauer: 3 Min.
Oranienburg präsentiert sich am Samstag beim CSD einmal mehr bunt statt braun.
Oranienburg präsentiert sich am Samstag beim CSD einmal mehr bunt statt braun.

Einen Tag vor der Brandenburger Landtagswahl gibt es in Oranienburg am Samstag den erst zweiten Christopher Street Day (CSD) in dieser Stadt im Berliner Umland. Auf dem CSD wollen LGBTQIA+, also unter anderen Schwule, Lesben, trans Menschen und Menschen, die sich nicht in der Geschlechtsbinarität verorten, ihre Queerness in die Öffentlichkeit tragen und für queere Rechte demonstrieren. Anders als letztes Jahr haben diesmal jedoch diverse rechtsextreme Kleingruppen einen Gegenprotest angemeldet.

Nach den queerfeindlichen Aufmärschen in Bautzen und Leipzig wollen die Organisator*innnen des Oranienburger CSD die Gefahr von 300 angemeldeten CSD-Feinden nicht unterschätzen. Zu den Sicherheitsvorkehrungen gehören koordinierte An- und Abreise mit Antifa-Begleitung, eine Anwältin auf Bereitschaft und die strenge Geheimhaltung der Route. Obwohl der CSD weitestgehend friedlich verläuft, kommt es in der Nacht zu gewaltsamen Übergriffen auf Teilnehmende.

Kaum ist CSD-Versammlungsleiter Candy Boldt-Händel am Startpunkt angekommen, gibt es erste Komplikationen. Die Neonazis haben kurzfristig ihre Marschroute geändert – und zwar zur genauen Route des CSD-Zuges. »Sonderbar« findet Boldt-Händel das. Denn von der exakten Route habe außerhalb des engen Organiastions-Kreises nur die Polizei gewusst. Dazu kommt, dass die Neonazis nun nicht mehr zeitlich getrennt und vor der Demonstration laufen möchten, sondern dem CSD unmittelbar hinterher. Auf Boldt-Händels Hinweis, dass vor allem für die vielen jungen CSD-Teilnehmenden dadurch eine erhöhte Bedrohungslage entstehen würde, soll der zuständige Polizist erwidert haben: »Das ist eine Demokratie und da muss es Reibung geben.«

Zu dieser Reibung kommt es erstmal nicht. Denn von den erwarteten 300 Vaterlandsverteidigern sind nur 42 in Oranienburg erschienen. Vor einem kruden Transparent mit der Aufschrift »Es gibt nur zwei Geschlechter« marschiert ein Megafonträger, der bei den Neonazis den Ton vorgibt. »Es gibt kein Recht auf Homopropaganda«, heißt es. Dazu wird ein »Ost-, Ost-, Ostdeutschland« zum Besten gegeben, sowie ein »Ausländer raus«, wobei der Bezug zum CSD für Außenstehende nicht mehr leicht zu ergründen ist.

Am CSD-Straßenfest vor dem Oranienburger Schloss angelangt, haben sich die Reihen sichtbar gelichtet. Mit bis zu 1000 Teilnehmenden fällt der CSD dieses Jahr trotz alledem größer aus als im Vorjahr – die abschreckende Wirkung der rechtsextremistischen Gegendemonstration hält sich anscheinend in Grenzen. Candy Boldt-Händel, der bei der Landtagswahl hier in Oranienburg der Direktkandidat der Linken ist, hatte noch am Donnerstag bei einer Wahlkampfveranstaltung dafür geworben, dass sich aus Solidarität möglichst viele Menschen dem CSD anschließen. Alle, die gegen rechts sind, sollten kommen, warb er um rege Beteiligung.

Bis auf verbale Anfeindungen verläuft der CSD am Samstag friedlich. Immer wieder winken Anwohnende dem bunten Aufzug zu, der schließlich auf dem Schlossplatz sein Ende findet. Auf die erschöpften Queers warten hier Livemusik, ein Glücksrad der Aidshilfe, ein Stand, an dem es frisch gebackene Vulva-Waffeln gibt, und ein rosa lackierter Trabant.

Die friedliche Stimmung hält jedoch nicht an. Nachdem der CSD beendet ist, treffen sich rund 30 junge Menschen auf einer inoffiziellen CSD-Afterparty bei der Linksjugend Solid in Oranienburg. Die Feiernden werden auf der Straße von Rechten angepöbelt und bedroht, ein Gast wird aus dem Weg geschubst. Auf dem Heimweg wird dann in der Nacht zum Sonntag ein Teilnehmer von zwei Personen vom Fahrrad gestoßen und bewusstlos geschlagen. Hinweise möglicher Zeugen zu dem Übergriff gegen 4 Uhr an der Lehnitzsstraße, Ecke Krebsstraße, sollen der Polizei übermittelt werden, bittet das Opfer, das im Krankenhaus behandelt werden musste.

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