Na also, geht doch!

Bundeswehr im Inneren, mitten in Bremerhaven

  • Nils Onstraat
  • Lesedauer: 2 Min.
Sieht aus wie im Fernsehen, war aber real: Die Bundeswehr übte Mitte September den »Heimatschutz« in Bremerhaven.
Sieht aus wie im Fernsehen, war aber real: Die Bundeswehr übte Mitte September den »Heimatschutz« in Bremerhaven.

Was die restliche Republik nicht mitbekam: Mitte des Monats war eine Woche lang Mannöver in Bremerhaven. Die »Zeitenwende« mache ein »realistisches Training« »unerlässlich«. Das sagt der zuständige Oberst für den »Heimatschutz«, eine Freiwilligen-Truppe von Bundeswehr-Reservisten, die auf das Geheiß der damaligen Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer 2021 entstand.

Dem Oberst gefällt dabei besonders, dass er mit der »Übung Fishtown Guard« nunmehr ein »Novum« kommandiert: »Wir trainieren im Stadtgebiet«. Aha? Dafür lässt der militäraffine »Weserkurier« gern mal eine halbe Seite springen, um seine Leser an den Einsatz der Bundeswehr im Inneren, hier im Hafen der Stadt und sogar mitten im Stadtgebiet Bremerhavens, heranzuführen. Eine Herausforderung: Fast kabarettistisch formuliert die Zeitung, im Grundgesetz stehe »nämlich eigentlich nicht«, dass die Innere Sicherheit in den Aufgabenbereich der Bundeswehr falle.

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Und selbst der Veranstalter war klarsichtig genug, die kriegsmüden Bremerhavener nicht erst im allerletzten Augenblick vor Beginn dieses Krieges gegen »zehn schwer bewaffnete Angreifer« auf seine Seite ziehen zu wollen. Anstelle eines Startschusses war dem völlig unbewaffneten Marinemusikkorps Bremerhaven daher befohlen, mit einem öffentlichen Platzkonzert (Kurt Tucholsky: »Handgranatenorchester«) den drohenden Ernst der Lage zu überspielen. Dann wurde aber doch der »Ernstfall« ausgerufen, im Hafengebiet der Stadt, komme es zu »Stör-, Sabotage- und Spionageaktionen«, dagegen müsse der »Hafen als Drehscheibe für die Nato … und insbesondere die US-Amerikaner« funktionsfähig gehalten werden. Kaum war diese »Störung« nach einem »intensiven Schusswechsel« gebannt, ging es im Planspiel dann plötzlich auch noch in der Innenstadt drunter und drüber: »Demonstranten, die Sprüche wie ›nie wieder Krieg‹ skandierten«, seien »einem Gebäude zu nah gekommen«, fasst die Presse die Ereignisse knapp zusammen. Aber keine Sorge: »Mit Unterstützung der Heimatschützer setzten Polizisten die Störer fest und nahmen sie in Gewahrsam«. Na also, geht doch!

Militär gegen Demonstranten, die gegen Krieg demonstrieren – ist dies das »Novum«? An der Übung war auch ein »rechtlicher Berater« beteiligt. Was sagte der Pressesprecher? »In diesem Fall begründet sich der Einsatz mit unserem Schutzauftrag für das Gebäude«, außerdem habe das Grundgesetz dafür ja die Möglichkeit der »Amtshilfe« vorgesehen. Alles in allem ein musikalisch begleiteter Anschauungsunterricht, dass es nicht verkehrt sein kann, das Grundgesetz im Gefecht unterm Arm zu haben – was zugegeben so einfach nicht ist und daher am besten schon vorher anbefohlen werden sollte.

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