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  • FC Bayern gegen Leverkusen

German Clasico: Einmal noch, wenigstens!

München und Leverkusen begegnen sich am Samstag auf Augenhöhe – womöglich das letzte Topduell vorerst

  • Lennart Garbes
  • Lesedauer: 5 Min.
Zumindest 2024 noch in gegnerischen Klubs: Bayerns Jamal Musiala (l.) und Leverkusens Florian Wirtz
Zumindest 2024 noch in gegnerischen Klubs: Bayerns Jamal Musiala (l.) und Leverkusens Florian Wirtz

In den vergangenen Jahren sind sie rar geworden, die absoluten Topspiele in der Fußball-Bundesliga. Zu oft war Bayern München gerade in den wichtigsten Duellen haushoch überlegen, oder die Konkurrenz einfach zu zaghaft. Der viel beschworene German Clasico zwischen den Bayern und der Borussia aus Dortmund ist eigentlich schon seit dem Ende der Ära Jürgen Klopp – also seit 2015 – höchstens noch ein Clasicöchen.

Andere Topspiele gab es in der jüngeren Vergangenheit aufgrund der Bayern-Dominanz und mangelnder anderer Bewerber um die Tabellenspitze eh kaum – bis zur letzten Spielzeit, als Bayer Leverkusen eine Fabelsaison hinlegte, in Liga und Pokal ungeschlagen blieb und auch den Bayern zweimal Paroli bot. Nach einem 2:2 am vierten Spieltag in München stürzte Leverkusen den Rekordmeister mit einem 3:0-Heimsieg im Februar endgültig in die Sinnkrise. Am Ende reckten die Leverkusener die erste Meisterschale ihrer Vereinsgeschichte in die Höhe und beendeten damit gleichzeitig die Serie von elf bayerischen Meistertiteln in Folge.

Dass es an diesem Samstag überhaupt zu einer Fortsetzung dieses Duells auf Topniveau kommt, ist schon vor dem Spiel ein kleiner Sieg für alle Fußballromantiker*innen. Denn eigentlich wollten die Bayern ihren neuen ärgsten Konkurrenten in diesem Sommer in guter alter Uli-Hoeneß-Manier ordentlich kaputt kaufen. Sowohl Bayers spanisches Trainer-Ass Xabi Alonso als auch Abwehrchef Jonathan Tah hätte man nach der Leverkusener Meisterschaft gerne direkt nach München gelockt. Doch Alonso wollte trotz seiner Bayern-Vergangenheit lieber bei der Werkself bleiben. Und Tahs Wechsel scheiterte im August ausgerechnet an den finanziellen Bedenken des Münchner Aufsichtsrats – um Ehrenpräsident Hoeneß.

Beim Duell Erster gegen Zweiter der Bundesliga stehen deshalb alle wesentlichen Protagonisten noch auf denselben Seiten. Nur Verteidiger Josip Stanišić ist nach seiner Leverkusen-Leihe im Sommer zurück nach München gewechselt. Ein bisschen anders sind die Ausgangsbedingungen trotzdem. Leverkusen reist diesmal nicht als Tabellenführer in die bayerische Hauptstadt. Ein Fakt, den auch Münchens Kapitän Joshua Kimmich beim obligatorischen Wiesn-Besuch des Rekordmeisters unter der Woche nicht unerwähnt lassen wollte: »Wir sind drei Punkte vorne. Wir haben das Heimspiel. Wir haben ein paar ganz gute Spiele hinter uns und was uns Selbstvertrauen gibt, ist schon auch die Art und Weise wie wir gespielt haben.«

Tatsächlich haben die Münchner mit vier Siegen aus vier Partien und 16:3 Toren gerade den besten Start der Bundesligageschichte hingelegt. Nimmt man die Champions League und den DFB-Pokal dazu, kommen die Münchner sogar auf 29 Tore aus den ersten sechs Spielen. Die Gegner hießen bisher aber auch »nur« Ulm, Wolfsburg, Freiburg, Kiel, Zagreb und Bremen.

Leverkusen sollte ein anderes Kaliber sein, obwohl die Werkself gerade in der Defensive noch nicht so stabil ist wie in der Meistersaison. Nach dem 4:3-Sieg am vergangenen Wochenende gegen Wolfsburg mahnte Trainer Alonso: »Wenn wir so weitermachen, haben wir keine Chance, etwas Großes zu erreichen.« Neun Gegentreffer hat Leverkusen in den ersten vier Bundesligaspielen bereits kassiert. Im Meisterjahr waren es in der gesamten Saison gerade einmal 24.

Bewahrt haben sich die Leverkusener dafür ihr Gespür für späte Tore. Sowohl gegen Mönchengladbach am ersten Spieltag als auch gegen Wolfsburg gelang der Werkself der Siegtreffer in der Nachspielzeit. Grund genug für Abwehrchef Tah, genauso selbstbewusst wie Nationalmannschaftskollege Kimmich in das Spitzenspiel zu gehen: »Wir wissen, was wir können. Wir wissen, wozu wir fähig sind. Das wollen wir zu 100 Prozent abrufen und natürlich mit einem Sieg nach Hause fahren«, sagte Tah in der ARD.

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Nach seinem geplatzten Bayern-Transfer will der 28-Jährige noch einmal alles geben, um die deutsche Meisterschaft erneut nach Leverkusen zu holen. Im kommenden Sommer will Tah die Werkself dann aber ablösefrei verlassen. Auch ein Wechsel nach München könnte dann wieder Thema werden. Ähnlich ist es bei Xabi Alonso. Der Vertrag des ehemaligen Weltklassespielers läuft zwar noch bis 2026. Doch schon im März galt seine Entscheidung für den Bayer-Verbleib und gegen das Engagement in München als große Überraschung. Sollte Bayerns neuer Trainer Vincent Kompany nach seinem Rekordstart ins Stolpern geraten, dürfte Alonso wieder ganz oben auf der Wunschliste des FC Bayern auftauchen.

Dort steht Leverkusens Spielmacher Florian Wirtz sowieso schon länger. Nach dem Wunsch der Münchner Chefetage soll der 21-Jährige zukünftig – wie in der Nationalmannschaft – auch bei den Bayern mit Jamal Musiala gepaart werden und auf Jahre eines der besten Mittelfelduos im Weltfußball bilden. Selbst die angebliche Ablöseforderung von 150 Millionen Euro soll die Bayern laut Medienberichten nicht davon abhalten, für den kommenden Sommer ein Angebot für den Edeltechniker vorzubereiten. Angesprochen auf seinen Kumpel Wirtz, arbeitete Musiala vor dem Gipfeltreffen schon mal an der Transfer-Charmeoffensive: »Er ist ein Superspieler. Ich will, dass er es gut macht und hoffe, er will auch, dass ich es gut mache. Jeder freut sich auf den Spieltag.«

Freude auf die Partie am Samstagabend ist das richtige Stichwort. Das Duell gilt es unbedingt zu genießen. Denn keiner weiß, wie lange es das neue Spitzenspiel der Bundesliga noch geben wird. Selbst wenn die Münchner im nächsten Jahr nur Florian Wirtz aus Leverkusen holen, wäre Bayern gegen Bayer kaum noch eine Partie auf Augenhöhe. Als abschreckendes Beispiel taugt der oben erwähnte deutsche Classico. Nach den zwei Dortmunder Meisterschaften 2011 und 2012 spielten die BVB-Stars Mario Götze, Robert Lewandowski und Mats Hummels wenig später alle beim FC Bayern und die Münchner starteten ihre Serie von elf Meisterschaften in Folge.

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