Wenn Genossenschaften Preise erhöhen

In Nordrhein-Westfalen liegen die Mieten sozial orientierter Wohnungsfirmen bald auf dem Niveau der Privaten

  • David Bieber
  • Lesedauer: 3 Min.
Häuser auf einem Baufeld am Stadtrand von Köln. Der Bestand an Sozialwohnungen hat sich in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren verringert.
Häuser auf einem Baufeld am Stadtrand von Köln. Der Bestand an Sozialwohnungen hat sich in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren verringert.

Steigende Mietkosten machen auch vor sozial orientieren Wohnungsunternehmen nicht Halt; Grund dafür sind neben hohen Energiekosten vor allem deutlich gestiegene Baukosten und Zinsen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sind die Mieten bei kommunalen oder kirchlichen Wohnungsunternehmen kaum noch geringer als die sonstigen Durchschnittsmieten.

Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen (VdW), der allein in NRW knapp 480 Firmen vertritt, warnte auf seiner Jahrespressekonferenz Mitte September davor, dass Wohnen gerade für Familien mit mehreren Kindern, junge, alleinerziehende und Menschen mit Behinderungen immer teurer werde. Und: Es werde für diese am Markt strukturell benachteiligten Gruppen schwerer, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

An Rhein und Ruhr schrumpfte der Abstand zu den restlichen am Markt vertretenen Immobilienfirmen stetig und betrug 2022 nur noch 69 Cent. Zwar wohnen Genossenschaftsmitglieder immer noch günstiger als die übrigen Mieter – mit 6,27 Euro pro Quadratmeter lag die VdW-Kaltmiete noch unter dem Landesdurchschnitt in Höhe von 6,82 Euro. Das dürfte aber nicht mehr lange anhalten, wenn die Zinsen und Preise weiter hoch sind sowie Anreize für Firmen fehlen, schätzen Experten. In anderen Bundesländern zeigt sich ein ähnliches Bild, liest man sich die Berichte kommunaler und kirchlicher Wohnungsunternehmen durch.

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Wer in Deutschland zur Miete wohnt, gibt dafür einen Großteil seines Einkommens aus. Diese Belastung könnte für Millionen Haushalte künftig auf mehr als 40 Prozent ansteigen, prognostiziert der Deutsche Mieterbund. Die Bruttokaltmiete im Bestand werde zeitnah einen Durchschnitt von zehn Euro pro Quadratmeter erreichen. Nach den zuletzt verfügbaren Statistikzahlen lag der Durchschnitt 2022 bei 8,70 Euro. »Es werden zu wenige Wohnungen gebaut, und die, die entstehen, richten sich nicht an jene, die sie am dringendsten benötigen«, sagte der Mieterbund-Vorsitzende Lukas Siebenkotten der Funke-Mediengruppe bereits vor einem Jahr.

Auch für genossenschaftliche Wohnungsunternehmen wird es schwieriger, bezahlbare Mieten anzubieten, stellte der VdW kürzlich gegenüber der »WAZ« fest. Wohnungsgenossenschaften und -unternehmen würden nämlich »stärker in die energetische Sanierung ihrer Bestände investieren als andere«, vermutet Verbandsdirektor Alexander Rychter.

Da die Unternehmen diese Kosten nahezu eins zu eins an die Mieter weitergeben, stiegen die Mieten der vom VdW repräsentierten Unternehmen im vergangenen Jahr um 14 Cent pro Quadratmeter. Dies gelte vor allem in den Großstädten, wenn eine Wohnung wiedervermietet werde. In Dortmund wurden im vergangenen Jahr bei Onlineportalen im Schnitt 8,78 Euro verlangt. Bei VdW-Unternehmen lag die Ersparnis bei 1,23 Euro. In Essen dagegen, wo die Miete 8,10 Euro hoch ist, betrug die Differenz nur noch sieben Cent. In Bochum (7,91 Euro) waren es 54 Cent, in Duisburg (7,14 Euro) 21 Cent.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, forderte kürzlich die Einführung einer echten Wohngemeinnützigkeit, um einen nicht gewinnorientierten Sektor auf dem Wohnungsmarkt zu schaffen. Angemessene, bezahlbare Wohnungen seien eine zentrale Frage sozialer Gerechtigkeit. Die Wohnsituation ist laut Diakonie an vielen Orten desolat, die Mietsteigerungen in Ballungsräumen sind dramatisch, die Zahl der Sozialwohnungen nimmt immer weiter ab.

Verbände wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt fordern seit Jahren ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro für den eingebrochenen Bau von Sozialwohnungen.

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