Mieterbewegung: Suche nach erfolgreicher Strategie

Die Mieterbewegung in Deutschland ist vielfältig und kreativ – auch notgedrungen

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.
Aktivist*innen fordern die Anwendung des Vorkaufsrechts in Berlin.
Aktivist*innen fordern die Anwendung des Vorkaufsrechts in Berlin.

Egal, ob Bestandshäuser oder Neubauten: Die Mieten steigen bundesweit immer weiter. Die Mieter*innenbewegung sucht seit langem nach Strategien, diesen Trend zu stoppen – bisher mit mäßigem Erfolg.

Noch vor drei Jahren strahlte dabei die Berliner Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen mit der Idee eines Volksentscheids bundesweit aus: Am 26. September 2021 stimmten 59,1 Prozent der Berliner*innen für die Vergesellschaftung der großen Wohnungskonzerne in der Hauptstadt – das Referendum blieb jedoch bis heute folgenlos. Die Aktivist*innen werfen dem Berliner Senat eine Blockade vor und arbeiten derzeit an einem eigenen Vergesellschaftungsgesetz. Dieses soll in einem verbindlichen Gesetzesvolksentscheid den Berliner*innen zur Abstimmung gestellt werden. Eine Kanzlei wurde mit der Erarbeitung beauftragt.

Auch die Hamburger Initiative Hamburg enteignet ließ sich von der Kampagne inspirieren. Im März 2023 hatten die Aktivist*innen mehr als 18 000 Unterstützer*innenunterschriften an den Senat überreicht. Nachdem die Initiative ein Volksbegehren angemeldet hatte, zog der Senat vor das Hamburgische Verfassungsgericht – es soll die Rechtmäßigkeit des Begehrens prüfen. Eine Entscheidung steht noch aus.

Einen anderen Weg geht die vor vier Jahren gegründete Berliner Mieter*innengewerkschaft. Nach dem Vorbild vergleichbarer Projekte in anderen Ländern versucht die Initiative, eine starke Mieter*innenorganisation aufzubauen, die nicht nur individuelle Beratung leistet, sondern auch kollektive Auseinandersetzungen führen kann. In Berlin hat sie rund 200 Mitglieder und drei Bezirksgruppen in Pankow, Neukölln und Moabit. »Im Gebäudekomplex Q216 in Lichtenberg etwa konnten wir jüngst Mieter*innen organisieren und Verbesserungen erkämpfen«, sagt Mio Decker von der Gruppe. In Frankfurt am Main gibt es eine weitere Initiative, die eine bundesweite Mieter*innengewerkschaft anstrebt. Auch die Stadtteilgewerkschaft Solidarisch in Gröpelingen in Bremen setzt auf kollektive Kämpfe von Nachbar*innen. Ähnliche Initiativen haben sich in Oldenburg, Jena und Hamburg gebildet.

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Wieder anders hat sich das bundesweite Mieter*innenbündnis VoNO!via & Co aufgestellt. Seit 2021 schließen sich hier Initiativen zusammen, um sich gegenseitig im Widerstand gegen die Geschäftspraktiken von Großkonzernen zu unterstützen. Das Bündnis hat sich mehrfach mit offenen Briefen an den Vorstand von Vonovia gewandt und unter anderem eine Anpassung von Abrechnungen gefordert.

Nicht zuletzt gibt es seit 1999 das Mietshäuser-Syndikat, das Gruppen unterstützt, Häuser kollektiv zu erwerben und langfristig dem Markt zu entziehen. Aktuell verfügt es über 193 Projekte im Bestand und 21 Projekte im Aufbau.

Wie andere Bewegungen hat auch die Mieter*innenbewegung derzeit mit einer Mobilisierungsschwäche zu kämpfen. Dennoch ist ihr Aktivitätsniveau hoch. Und da die Notlage vieler Mieter*innen bundesweit anhält, werden auch ihre Organisierungs- und Vernetzungsbemühungen weitergehen.

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