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Petra Pau und Linke: Abschied ohne Abgesang

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) tritt 2025 nicht wieder an

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 6 Min.
Petra Pau (l.) und Gesine Lötzsch am Freitagabend beim Linke-Landesparteitag in Berlin
Petra Pau (l.) und Gesine Lötzsch am Freitagabend beim Linke-Landesparteitag in Berlin

Petra Pau (Linke) wird im kommenden Jahr nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Wie die 61-Jährige am Freitagabend auf dem Landesparteitag der Berliner Linken sagte, werde sie 27 Jahre im Bundestag verbracht haben, davon 19 Jahre als Vizepräsidentin. »Das hier ist jetzt kein Abschied und auch kein Abgesang«, versicherte Pau. Sie werde noch ein Jahr Bundestagsabgeordnete sein und weiter unter anderem für Bürgerrechte und Demokratie streiten. Dass die Demokratie in großer Gefahr sei, illustrierte die Politikerin an einem historischen Beispiel. Der Vergleich mit 1933 sei nicht weit hergeholt. Bei der Reichstagswahl 1928 habe die NSDAP erst zwei Prozent der Stimmen erhalten. Die AfD erhalte bei Landtagswahlen jetzt schon um die 30 Prozent, doch sie höre keine Alarmglocken, sagte Pau. Bundesweit steht die AfD in Umfrage bei 17 bis 20 Prozent.

Zum Zustand ihrer eigenen Partei sagte Pau: »Ein Personalwechsel allein bringt uns nicht weiter.« Die Linke müsse sich insgesamt auf den Weg machen. Sonst drohe »der freie Fall in die Bedeutungslosigkeit«. Die nahende Klimakatastrophe sei eine große soziale Herausforderung. Linke müssten Rote sein, aber auch rote Grüne. »Darunter ist die Zukunft nicht zu machen«, sagte Pau bei dem Parteitag im nd-Hochhaus am Franz-Mehring-Platz.

Mehrmals gewann sie ihren Wahlkreis im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf, zuvor 1998 auch einen anderen Berliner Wahlkreis. Von 2002 bis 2005 war Petra Pau zusammen mit der in Berlin-Lichtenberg ebenfalls direkt gewählten Gesine Lötzsch drei Jahre lang die einzige PDS-Abgeordnete im Bundestag. Lötzsch hatte bereits erklärt, 2025 auch nicht erneut zu kandidieren.

Verabschiedet wurde beim Landesparteitag Martina Michels, die neun Jahre im Europaparlament und zuvor viele Jahre im Berliner Abgeordnetenhaus gesehhen hatte. Bei der Europawahl am 9. Juni war die 68-Jährige nicht wieder angetreten. Verabschiedet wurde Michels nun mit Brot und Salz, mit denen Gäste eigentlich willkommen geheißen werden, und mit Obst und Wein. »Es steht mir nicht zu, Zensuren zu verteilen oder nachzutreten«, meinte Michels. Eine Bemerkung wollte sie aber doch machen. »In all unseren Kämpfen waren es die Ehrlichkeit und der Zusammenhalt, die uns geholfen haben«, erinnerte Michels. »Ich glaube, das ist uns abhanden gekommen.« Doch auch als Rentnerin will Michels ihr politisches Engagement nicht beenden. »Tschüss, das war’s …«, sagte sie – machte eine kurze Pause und fügt schmunzelnd hinzu »… aber noch lange nicht.«

Als die 2021 im Chaos versunkene Abgeordnetenhauswahl im Februar 2023 wiederholt werden musste, hatte Berlins Linke noch 12,2 Prozent erzielt, bei der Europawahl im Juni 2024 dann bloß noch 7,3 Prozent. Wenn es so weitergeht, gerät das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde bei der Abgeordnetenhauswahl 2026 in Gefahr.

»Wir müssen Vertrauen zurückgewinnen«, weiß der Landesvorsitzende Maximilian Schirmer. Aber auch wenn Rücksichtslosigkeit gegenüber Geflüchteten derzeit bei Wahlen belohnt werde, sei sie noch lange nicht richtig, betonte er. Es müsse wenigstens eine Partei geben, die ihre Überzeugung nicht über Bord wirft. »Wir sind demokratische Sozialistinnen und Sozialisten und darauf können wir stolz sein.« Mut machen 1800 Neueintritte innerhalb eines Jahres. 7624 Mitglieder zählt der Landesverband jetzt.

Der Berliner Abgeordnete Ferat Koçak, der gern für den Bundestag kandidieren möchte, sieht sogar schon »Licht am Ende des Tunnels«. Der Lichtblick, dass ist für ihn Nam Duy Nguyen – der vietnamesischen Genosse, der bei der sächsischen Landtagswahl am 1. September einen Wahlkreis in Leipzig gewonnen und damit gerade so das Ausscheiden der Partei aus dem Parlament verhütet hat. Ein Erfolg, der bei der brandenburgischen Landtagswahl drei Wochen später versagt blieb.

Dass Berlins Linke auch nach der Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) weiter streitet, zeigte sich am Freitag in der Generaldebatte und in der Beratung von Anträgen unter anderem beim Thema Israel und Palästina, wo schließlich sogar der Vorwurf der Holocaustverharmlosung erhoben wurde – das führte gegen 21 Uhr dazu, dass ein erheblicher Teil der Delegierten erzürnt den Parteitag verließ, darunter Ex-Kultursenator Klaus Lederer und die ehemalige Sozialsenatorin Elke Breitenbach. Nur knapp war der Parteitag danach überhaupt noch beschlussfähig. So etwas habe er noch nicht erlebt, gestand Landesgeschäftsführer Sebastian Koch. Er empfahl, nun nicht noch mit der Brechstange irgendetwas zu beschließen. Dem Ratschlag folgten die verbliebenen Delegierten jedoch nicht.

Bruchlinien zeigten sich aber auch vorher schon in der Auseinandersetzung mit dem BSW. Die Delegierten beschlossen einen Antrag »Bereit zu kämpfen: Die Linke in die Offensive«, in dem vorgezeichnet ist, wie die aktuelle Krise überwunden und ein erfolgreicher Wahlkampf geführt werden könnte. Da findet sich eine Passage, die Abspaltung sei »schmerzhaft, wenngleich unvermeidlich und überfällig« gewesen, da sich Wagenknecht und ihr Gefolge von »linker, solidarischer klassenkämpferischer Politik verabschiedet« hätten.

Vergeblich bemühte sich die Kommunistische Plattform, diese Formulierung zu ersetzten. Ihr Vorschlag: Die desaströsen Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg nicht auf die Abspaltung des BSW reduzieren, weil dies einem Verzicht auf die dringend nötige Ursachenanalyse gleichkäme. Es müssten auch programmwidrige Alleingänge angesprochen werden. So habe die Zustimmung der Europaparlamentarierin Carola Rackete zu Waffenlieferungen in die Ukraine drei Tage vor der Brandenburger Landtagswahl de Glaubwürdigkeit der Partei bei vielen Mitgliedern und Wählern weiter beschädigt.

Wagenknecht werde völlig zu Recht wegen ihrer Asylpolitik kritisiert und diese habe die Solidarität aufgekündigt, erläuterte Ellen Brombacher den Vorstoß ihrer Kommunistischen Plattform. Doch einseitige Schuldzuweisungen und die Bezeichung der Wagenknecht-Partei als eine »von Millionären finanzierte One-Woman-Show« schaden nach Auffassung von Brombacher »uns, nicht Sahra«. Der Änderungsantrag wurde allerdings abgelehnt, sogar auch von Delegierten, die mit Carola Racketes Abstimmungsverhalten selbst nicht einverstanden waren.

Die Landesvorsitzende Franziska Brychcy stellte klar, worin sich ihre »sozialistische Mitgliederpartei fundamental« vom BSW unterscheide: »Wir spielen niemals verschiedene Gruppen gegeneinander aus oder treten nach unten, etwa gegen Geflüchtete, Bürgergeldempfangende, queere Menschen …«

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Als die 2021 im Chaos versunkene Abgeordnetenhauswahl im Februar 2023 wiederholt werden musste, hatte Berlins Linke noch 12,2 Prozent erzielt, bei der Europawahl im Juni 2024 dann bloß noch 7,3 Prozent. Wenn es so weitergeht, gerät das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde bei der Abgeordnetenhauswahl 2026 in Gefahr.

»Wir müssen Vertrauen zurückgewinnen«, weiß der Landesvorsitzende Maximilian Schirmer. Aber auch wenn Rücksichtslosigkeit gegenüber Geflüchteten derzeit bei Wahlen belohnt werde, sei sie noch lange nicht richtig, betonte er. Es müsse wenigstens eine Partei geben, die ihre Überzeugung nicht über Bord wirft. »Wir sind demokratische Sozialistinnen und Sozialisten und darauf können wir stolz sein.« Mut machen 1800 Neueintritte innerhalb eines Jahres. 7624 Mitglieder zählt der Landesverband jetzt.

»Ein Personalwechsel allein bringt uns nicht weiter.«

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