Fußballerinnen des VfL Wolfsburg beenden die Serie des FC Bayern

Die Münchnerinnen kassieren beim 0:2 die erste Niederlage nach 44 Bundesliga-Spielen

  • Frank Hellmann, Wolfsburg
  • Lesedauer: 4 Min.
Am VfL Wolfsburg um Jule Brand (links) prallte der FC Bayern mit Linda Dallmann diesmal ab.
Am VfL Wolfsburg um Jule Brand (links) prallte der FC Bayern mit Linda Dallmann diesmal ab.

In der Nordkurve der großen Wolfsburger Arena, wo sich eine kleine Fanschar hinter dem grünen Banner »VfL Wolfsburg Frauen« versammelt hatte, begannen die Sprechchöre. Dort angestimmt, wurde der Evergreen »Zieht den Bayern die Lederhosen aus« dann von einem Großteil der 17 152 Zuschauer nach Leibeskräften mitgesungen. Hohn und Spott sind in der Frauen-Bundesliga eher unüblich, aber beim 2:0-Heimerfolg des VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern schienen Frohsinn und Überschwang durchaus verständlich.

44 Ligaspiele hatten die Münchnerinnen nicht mehr verloren – zuletzt am 23. Oktober 2022 an selber Stelle. Der Nimbus der Unsbesiegbarkeit des FC Bayern hielt nach acht Pflichtspielerfolgen auch in dieser Saison. Als am Samstagabend der Schlusspfiff ertönte, ballte Wolfsburgs Führungsspielerin Alexandra Popp die Faust. Zwischen ausgedehnten Freudentänzen sagte die gerade aus dem Nationalteam zurückgetretene Popp vergnügt am Spielfeldrand: »Wir haben extrem konzentriert und diszipliniert verteidigt. Wir standen tiefer, und man hat gesehen, dass die Bayern keine wirkliche Idee hatten, gegen dieses Bollwerk anzulaufen.«

Vor einem halben Jahr habe man bei einer 0:4-Heimpleite nach individuellen Aussetzern gegen den Meister »extrem geblutet«, erinnerte die 33-Jährige. Das jetzige Signal aus Niedersachsen sei wichtig gewesen, befand die Stürmerin. Man bleibe weiter dran: »Die Bayern laufen nicht vor uns weg.« Der zuletzt unter einer gewissen Monotonie im Titelkampf leidenden Liga kann nichts Besseres passieren. Eintracht Frankfurt würde bei einem Heimsieg gegen den SC Freiburg an diesem Montag als lachender Dritter plötzlich die Tabellenspitze übernehmen.

Die Münchnerinnen wirkten von Beginn an etwas verwirrt, was sich im hanebüchenen Fehlpass von Jovana Damnjanovic ausdrückte, den Vivien Endemann in der fünften Minute entschlossen zum 1:0 nutzte. »Mit uns ist immer zu rechnen«, sagte die Torschützin später. Zum Geschenk geriet auch das von Nationalstürmerin Lea Schüller nach 67 Minuten am eigenen Fünfmeterraum geschlagene Luftloch: Die gerade eingewechselte Lineth Beerenstyn traf einen Tag nach ihrem 28. Geburtstag zum 2:0 für Wolfsburg.

Der FC Bayern agierte mittellos wie lange nicht mehr. »Wir sind nicht richtig ins letzte Drittel gekommen«, meinte Mittelfeldspielerin Sydney Lohmann zur fehlenden Münchner Torgefahr. Weil selbst die zum Champions-League-Auftakt beim 5:2 gegen Arsenal so treffsichere Pernille Harder im Abschluss glücklos blieb, kam das, was laut Trainer Alexander Straus irgendwann kommen musste. »Es ist unglücklich, aber es war irgendwann unvermeidlich. Man gewinnt nicht 444 Spiele in Folge.«

Der ernüchterte Norweger war von seinem Wolfsburger Kollegen Tommy Stroot mit einem einfachen Kniff überrumpelt worden. Der VfL-Trainer erzählte hinterher ziemlich lässig, dass ihm auf dem Rückflug aus Rom nach dem missglückten Comeback in der Königsklasse die Idee gekommen sei, es gegen den Branchenprimus vielleicht mal mit einer Fünferkette zu versuchen. Deshalb habe er seinen Spielerinnen nicht nur den freien Tag gestrichen, sondern am Spieltag statt einer Aktivierung noch ein Taktiktraining am Elsterweg angesetzt. »Toll zu sehen, wenn es sich so auszahlt.«

Überragend agierte dabei im Zentrum des grünen Verbunds die unter Horst Hrubesch bei den Olympischen Spielen zur Stammspielerin aufgestiegene Janina Minge, deren vielseitige Verwendung auch Nachfolger Christian Wück erfreuen dürfte, der Ende Oktober gegen England und Australien endlich seine ersten Länderspiele bestreitet. Der DFB-Kader wird am Dienstag verkündet. Weil der Bundestrainer am Samstagabend aber den Bayerischen Fernsehpreis empfing, wohnten seine Assistentinnen Maren Meinert und Saskia Bartusiak die Wolfsburger Wiederauferstehung bei.

Dass der VfL wie beim 2:0 im DFB-Pokalfinale zuschlägt, wenn zuvor von der Wachablösung geraunt wird, hatte neben dem Matchplan auch mit der am Mittellandkanal entwickelten Mentalität zu tun. Insbesondere die Ü30-Fraktion mit Popp und Martina Hegering, Svenja Huth und Kathrin Hendrich ließen sich »nicht aus der Ruhe bringen«, lobte Stroot. Mit ihrer Erfahrung ließe sich Qualität immer noch punktgenau abrufen. Das wäre auch am kommenden Donnerstag nötig, wenn der Champions-League-Rekordsieger Olympique Lyon nach Wolfsburg kommt.

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