SPD: Zeitenwende macht Pause

Ein Jahr vor der Bundestagswahl stellt sich die SPD für den Wahlkampf auf. Sie besinnt sich auf eine soziale Wirtschaftspolitik

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Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (links) ist bei der Bevölkerung weitaus beliebter als Bundeskanzler Olaf Scholz. Doch Scholz wird als Spitzenkandidat für die SPD in die Bundestagswahl gehen.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (links) ist bei der Bevölkerung weitaus beliebter als Bundeskanzler Olaf Scholz. Doch Scholz wird als Spitzenkandidat für die SPD in die Bundestagswahl gehen.

Berlin. Was für den Wahlkampf formuliert wird, das klingt oft verheißungsvoll – und ist bisweilen weit von der politischen Realität entfernt. Die vom Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufene Zeitenwende nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs vor zweieinhalb Jahren rückt in weite Ferne, ebenso wie die inhumane Migrationspolitik, die zuletzt für viel Aufregung sorgte. Die SPD will sich im Bundestagswahlkampf vielmehr für eine grundlegende Einkommenssteuerreform einsetzen, die 95 Prozent der Steuerzahler entlastet. Dafür sollen die höchsten ein Prozent der Einkommen stärker besteuert werden. Das geht aus einer Beschlussvorlage für die SPD-Vorstandsklausur hervor, die am Sonntag verabschiedet werden sollte. »Diese Reform wird den Menschen mehr finanziellen Spielraum geben und die Kaufkraft stärken. Damit kurbeln wir die Wirtschaft von unten und aus der Mitte der Gesellschaft an«, heißt es darin.

Bei ihrer Klausurtagung am Sonntag und Montag in der Berliner Parteizentrale stellt der SPD-Vorstand erste inhaltliche und strategische Weichen für die Bundestagswahl, die nach jetzigem Stand am 28. September 2025 stattfindet. Die sechsseitige Beschlussvorlage mit dem Titel »Wir kämpfen für Deutschlands Zukunft: Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze sichern, Beschäftigte entlasten« liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. In dem Papier setzt sich die SPD auch für einen Mindestlohn von 15 Euro, mehrere Maßnahmen zur Förderung des Absatzes von E-Autos und eine Reform der Schuldenregeln ein.

Um Investitionen in Deutschland zu fördern, will die Partei die Unternehmenssteuern zwar nicht senken. Stattdessen will sie aber »umfassende Superabschreibungen und Steuerprämien für Unternehmen

«All das hat Olaf Scholz vor vier Jahren schon versprochen. Geliefert hat er das Gegenteil.»

Christian Görke Geschäftsführer der Linke-Gruppe im Bundestag

an Investitionen in Zukunftsbranchen und gute Arbeitsplätze am Standort Deutschland knüpfen«, wie es in der Beschlussvorlage heißt. »Wer in Deutschland investiert, erhält steuerliche Vergünstigungen.«

Um den Verkauf von E-Autos zu fördern, soll unter anderem eine Kaufprämie geprüft werden. Außerdem will die SPD eine E-Auto-Quote für Leasinganbieter einführen und E-Dienstwagen steuerlich fördern.

Die Wirtschaftspolitik der CDU unter ihren Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Friedrich Merz kritisiert die SPD in dem Papier scharf. »Wer die Beschäftigten in Deutschland als faul beschimpft und ihnen gute Löhne und sichere Renten verweigert, der hat den Respekt für die wahren Leistungsträger verloren, die unser Land mit ihrer harten Arbeit jeden Tag am Laufen halten«, heißt es in dem Papier. »Dazu gehören auch die vielen Millionen Beschäftigten mit Migrationsgeschichte und ihre Familien, die jeden Tag erleben müssen, von CDU und CSU als «Problem» bezeichnet zu werden.

Kritik an der Ausrichtung kommt von der Linkspartei. «Mehr Umverteilung, mehr Investitionen und mehr Wachstum – das klingt alles gut, wenn man vergessen hat, dass die SPD den Kanzler stellt», erklärte Christian Görke, Geschäftsführer der Linke-Gruppe im Bundestag, in einer Mitteilung. «All das hat Olaf Scholz vor vier Jahren schon versprochen. Geliefert hat er das Gegenteil: Steuererhöhungen für die große Mehrheit bei der Gastro und bei Energie sowie Investitionskürzungen beim Klima- und Transformationsfonds.» Der erste Schritt für die SPD wäre, ihr Regierungshandeln neu auszurichten, empfiehlt Görke. In den Umfragen liegt die SPD derzeit weit abgeschlagen hinter der CDU/CSU bei 16 bis 17 Prozent, ungefähr gleichauf mit der rechtsradikalen AfD. dpa/nd

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