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»Ewigkeitschemikalien«: Verseuchte Umwelt, vergiftete Menschen
Olaf Band fordert deshalb ein EU-weites Verbot für sogenannte Ewigkeitschemikalien
Ich habe PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) im Blut. Meine Werte sind so hoch, dass langfristige gesundheitliche Auswirkungen möglich sind. Krebs, Organschäden und Diabetes sind Folgen, die im Zusammenhang mit einer erhöhten PFAS-Belastung dokumentiert wurden. Eine Chance, die Werte in meinem Blut zu reduzieren, habe ich nicht. Denn PFAS sind sogenannte Ewigkeitschemikalien. Sie sind kaum abbaubar.
Hauptsächlich finden PFAS ihren Weg über das Essen in unser Blut. Wegen ihrer fett- und wasserabweisenden Eigenschaften stecken sie in vielen Alltagsprodukten: in Bratpfannen, Backpapier, Kleidung oder Kosmetik. Über das Abwasser oder die Abluft von Industrieanlagen gelangen diese Stoffe ins Grundwasser, in den Boden und in unser Essen. Kaum ein Neugeborenes ist heute noch frei von PFAS. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir alle riskant hohe PFAS-Werte haben.
Olaf Bandt ist Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
In Deutschland und Europa sind mittlerweile viele PFAS-kontaminierte Flächen bekannt. Diese können, wenn überhaupt, nur unzureichend und sehr teuer saniert werden. Neben der Langlebigkeit ist die Anzahl der Stoffe ein Problem. Die allermeisten der mehr als 10 000 Einzelverbindungen sind kaum oder nur unzureichend auf ihre potenziell gesundheitsgefährdenden Eigenschaften untersucht.
Die Chemieindustrie, die PFAS in Massen herstellt und einsetzt, interessiert unsere Gesundheit herzlich wenig. Lobbyvertreter*innen setzen in Brüssel und Berlin alles daran, ein PFAS-Verbot zu verhindern. Vor kurzem haben zahlreiche Industrieverbände einen Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz verfasst. Der Kanzler antwortete ihnen freundlich, ein »undifferenziertes Totalverbot dieser ganzen chemischen Stoffgruppe« werde es nicht geben. Dabei verhandelt die EU aktuell über die Regulierung von PFAS.
Bei dem auf EU-Ebene diskutierten PFAS-Beschränkungsvorschlag sind die beteiligten Behörden aus Deutschland und vier weiteren EU-Ländern sehr gewissenhaft vorgegangen. Hersteller und Anwender von PFAS wurden vorab eingebunden und konnten ihre Kenntnisse einbringen. Denn für viele Produkte gibt es längst sichere Alternativen. In kritischen Bereichen, also etwa in der Luftfahrt oder im medizinischen Bereich, in denen es noch keine gibt, sind nun lange Übergangsfristen vorgesehen. Scholz sollte den EU-Beschränkungsvorschlag daher als wichtige Chance für Gesundheit und Umwelt begreifen, der zudem Innovationen in der Wirtschaft fördert.
Der BUND unterstützt den PFAS-Beschränkungsvorschlag. Die »Ewigkeitschemikalien« können nur als Gruppe effektiv reguliert werden. In der EU gilt aus gutem Grund das Vorsorgeprinzip. Das muss auch auf die Ewigkeitschemikalien angewendet werden. Es ist höchste Zeit, dass sich Politiker*innen nicht länger von Lobbyinteressen leiten lassen, sondern ihrer Verantwortung gegenüber uns Menschen und der Umwelt gerecht werden.
Als BUND haben wir daher eine Petition an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gestartet. Darin fordern wir ihn auf, sich klar gegen PFAS zu positionieren. Ein EU-weites Verbot muss kommen. Denn Gesundheit geht vor Profit.
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