Albas Basketballer suchen das gewisse Etwas

Die Berliner schaffen ihren ersten Sieg in der Euroleague, doch die Lücke zu den Topteams bleibt

  • Lennart Garbes
  • Lesedauer: 5 Min.
Albas Yanni Wetzell (l.) gehört in der Euroleague zu den erfahrenen Stützen des jungen Berliner Teams.
Albas Yanni Wetzell (l.) gehört in der Euroleague zu den erfahrenen Stützen des jungen Berliner Teams.

Ein Sieg, eine Niederlage. Mit dieser Bilanz geht Alba Berlin aus dem ersten Doppelspieltag in der Euroleague. Nach dem ersten Erfolg in der Königsklasse des europäischen Basketballs am Dienstag gegen ASVEL Villeurbanne setzte es am Donnerstagabend in der Uber Arena gegen Fenerbahce Istanbul die dritte Niederlage im vierten Euroleague-Spiel für die Berliner.

Schaut man nur auf die Ergebnisse, macht Albas Start wenig Hoffnung, dass es in dieser Saison auf europäischer Bühne besser läuft als in der vergangenen Spielzeit, in der die Berliner nur fünf von 34 Spielen gewinnen konnten und abgeschlagen Tabellenletzter wurden. Der Heimsieg gegen Villeurbanne, die in der Euroleague wie Alba aus Außenseiter gelten, war da fast schon Pflicht. Bei den drei Niederlagen gegen den amtierenden Champion Panathinaikos Athen (77:87), in Barcelona (73:88) und gegen Fenerbahce (71:78) gelang es Alba dagegen bisher nicht, das Spiel bis zum Ende offen zu gestalten.

»Wir machen immer noch zu viele dumme Fehler. Wir foulen in den falschen Momenten und geben den besten Schützen des Gegners freie Würfe«, zeigte sich Alba-Kapitän Martin Hermannsson nach der Niederlage gegen Fenerbahce unzufrieden. Der 30-jährige Isländer war am Donnerstag gemeinsam mit Matteo Spagnolo bester Werfer der Berliner. Die beiden Aufbauspieler kamen jeweils auf 13 Punkte. Vor allem von der Dreierlinie war das Team aus Istanbul, das dank tausender Fenerbahce-Fans eine Art Heimspiel in gegnerischer Halle hatte, deutlich überlegen. Die Istanbuler verwandelten mit 13 Dreipunktwürfen mehr als doppelt so viele wie die Berliner (6).

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»Wir müssen lernen, unsere kleinen Fehler abzustellen, weil die Topteams den Ball sehr gut bewegen, und wenn dann jemand frei steht, bestrafen sie dich«, erklärte Alba-Trainer Israel González nach dem Spiel gegen Fenerbahce. Tatsächlich war Alba lange am Final-Four-Teilnehmer der vergangenen Saison drangeblieben. Trotz der türkischen Überlegenheit bei den Distanzwürfen kam Alba Mitte des letzten Viertels sogar noch einmal bis auf sechs Punkte heran. Näher kamen die Berliner aber auch nicht mehr. »Es war ein komisches Spiel. Wir haben gekämpft, aber uns hat irgendetwas gefehlt, um wirklich um den Sieg spielen zu können«, befand Topscorer Hermannsson.

Es ist dieses letzte Etwas, das Alba bisher noch nicht gefunden hat, um auch gegen die Topfavoriten der Euroleague an einer Überraschung zu schnuppern. Beim Auftakt gegen Panathinaikos waren die Berliner im dritten Viertel bis auf vier Punkte dran. Beim Gastspiel in Barcelona konnte Alba im dritten Viertel sogar kurzzeitig in Führung gehen. Das Spiel gegen Fenerbahce blieb dann sogar bis zweieinhalb Minuten vor dem Ende eng, ehe Istanbuls Nigel Hayes-Davis den Vorsprung mit einem Dreier auf elf Punkte ausbaute und damit für die Vorentscheidung sorgte.

Trotz des deutlich geringeren Budgets im Vergleich zu den europäischen Topteams konnten die Berliner in den ersten vier Euroleague-Partien jedes Mal mithalten. Alba-Center Yanni Wetzell blieb deswegen auch nach der Fenerbahce-Niederlage zuversichtlich: »Wir haben viel Hoffnung. Wir haben ein sehr gutes Team und waren heute gegen eines der besten Teams in Europa bis zum Schluss nah dran«, erklärte der 28-jährige Neuseeländer. Sein Kapitän Hermannsson sieht das Team ebenfalls auf dem richtigen Weg: »Das Gute ist, dass wir jedes Spiel besser werden.«

Der 84:79-Erfolg gegen Villeurbanne am Dienstag zeigte dabei schon, dass die Berliner, die in diesem Jahr erneut auf viele junge Talente und Kontinuität im Kader setzen, bereits zu Siegen auf höchstem Niveau in der Lage sind. Gegen die erfahrenen Franzosen, bei denen fünf ehemalige NBA-Spieler aktiv sind, war es ebenfalls Hermannsson, der Alba mit einer 17-Punkte-Explosion im dritten Viertel auf die Siegerstraße brachte. Danach war sich Trainer González sicher: »Wir wissen, wenn wir kämpfen, verteidigen und rebounden, dann können wir jeden schlagen.«

Diese Grundtugenden des Basketballs hat Alba bisher in jedem Euroleague-Spiel gezeigt. Was oft fehlte, war der offensive Punch, um sich für den kämpferischen Einsatz in der Defensive auch mit eigenen Punkten zu belohnen. Mit 76,3 Zählern im Schnitt liegt Alba nur auf Rang 15 der 18 Euroleague-Offensiven. Abgesehen von Martin Hermannssons 21 Punkten im Spiel am Dienstag ist bisher noch kein Alba-Akteur in der Euroleague in die Nähe der 20-Punkte-Marke gekommen.

Zwei Gründe für den stotternden Angriff der Berliner sind die Verletzungsprobleme von Matt Thomas und Gabriele Procida. Dreierspezialist Thomas erzielte in der vergangenen Euroleague-Saison starke zehn Punkte pro Spiel. Procida steuerte acht Zähler bei und wurde trotz Albas enttäuschendem Abschneiden zum besten U22-Spieler der Euroleague gewählt. Wegen anhaltender Knieprobleme konnte Thomas in der aktuellen Spielzeit allerdings noch kein Spiel absolvieren und musste zuletzt sogar operiert werden. Procida steht nach einer Patellasehen-OP im April zwar wieder im Kader. Der 22-jährige Italiener ist aber noch weit von seiner Normalform entfernt.

Auf der Suche nach dem gewissen Etwas ruhen die Hoffnungen bei Alba deswegen vorerst auf Kapitän Hermannsson. Wenn Spielmachertalent Matteo Spagnolo und Neuzugang Trevion Williams ihre gute Frühform bestätigen können und dann auch noch die Langzeitverletzten zurückkommen, könnte die Suche nach mehr Euroleague-Siegen aber auch schneller zu Ende sein als gedacht.

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