Cornwall hofft auf Lithium-Boom

In der englischen Grafschaft startet ein Pilotprojekt für die Produktion des Metalls

  • Peter Stäuber
  • Lesedauer: 3 Min.
Die »Cornish Lithium-Produktionsdemonstrationsanlage« in Cornwall
Die »Cornish Lithium-Produktionsdemonstrationsanlage« in Cornwall

Cornwall, eine Grafschaft an der äußersten südwestlichen Spitze Englands, war einst ein Bergbaugebiet mit Weltruf. Im 18. Jahrhundert wurden hier im großen Stil Zinn und Kupfer abgebaut. Noch heute zeugen die steinernen Überreste der Zinnminen, hoch oben auf den Klippen, von diesem Erbe.

Bald könnte erneut ein Bergbau-Boom einsetzen. Am vergangenen Freitag wurde in der Nähe des Dorfes Saint Dennis Großbritanniens erste Produktionsanlage für Lithiumhydroxid eröffnet. Noch ist es erst ein Demonstrationsprojekt. Aber das Bergbauunternehmen Cornish Lithium hofft, hier ab 2027 jährlich bis zu 10 000 Tonnen Lithium zu produzieren. Es ist eines von mehreren Unternehmen, die angefangen haben, die Lithium-Vorräte in Cornwall abzubauen.

Lithium ist ein leichtes, grau schimmerndes Metall, hat eine hohe elektrische Leitfähigkeit und findet vor allem in Batterien für Elektroautos Verwendung – die Nachfrage wird laut der Internationalen Energieagentur in den kommenden Jahrzehnten exponentiell zunehmen. So sind in Großbritannien derzeit 22 Prozent aller Autos, die verkauft werden, Elektrofahrzeuge – bis 2030 müssen es laut Vorgaben der Regierung 80 Prozent sein.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

In Cornwall befinden sich laut Experten Europas größte Lithium-Reserven. »Unter unseren Füßen liegt genug Lithium, um die Hälfte des [britischen] Bedarfs für Elektrofahrzeuge zu decken«, sagte Jeremy Wrathall, der Vorsitzende von Cornish Lithium. »Dieses Potenzial wird derzeit verschwendet, dabei könnte es helfen, unsere Industrien kompetitiver zu machen.«

Das Unternehmen macht sich für die Gewinnung des Metalls eine alte Kaolin-Mine zunutze. Aus der bereits bestehenden Grube soll der Granit, in dem sich das Lithium befindet, abgebaut werden. Um das Metall herauszufiltern, wird das Gestein zermalmt und dann chemisch bearbeitet. Die ersten Lithium-Proben aus dem Vorzeigewerk sollen im November an britische Autohersteller geliefert werden. Cornish Lithium hofft zu demonstrieren, dass die Gewinnung des Metalls in industriellem Ausmaß möglich ist.

Sollte die cornische Lithium-Produktion tatsächlich in den kommenden Jahren in die Gänge kommen, könnte es nicht nur einer strukturschwachen und von Armut geplagten Region zum Aufschwung verhelfen – Großbritannien könnte zudem zu einem wichtigen Player in der internationalen Versorgungskette für Elektrobatterien aufsteigen. Derzeit importiert das Land seinen gesamten Vorrat an Lithium. Der wichtigste Lieferant ist China, das jedes Jahr E-Fahrzeuge im Wert von mehr als 30 Milliarden Dollar exportiert, zudem kontrolliert Beijing einen Großteil der weltweiten Lithium-Produktion.

Die 15-Millionen-Pfund teure Demonstrationsanlage von Cornish Lithium wurde staatlich subventioniert, unter anderem über den Staatsfonds National Wealth Fund. Im September gab ihm Vizepremierministerin Angela Rayner den Status eines »landesweit bedeutenden Infrastrukturprojekts«.

Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds sagte am Freitag, dass das Projekt von Cornish Lithium »nicht nur Qualitätsjobs im Südwesten bringen wird, sondern auch langfristig unsere Versorgungskette für kritische Rohstoffe stärkt«. Laut Cornish Lithium genießt das Projekt auch lokale Unterstützung. »Die Leute von Cornwall sind sehr stolz auf ihr Bergbau-Erbe«, sagte CEO Jeremy Wrathall. »Wir hatten keinen wirklichen Widerstand gegen dieses Projekt. Die Leute wollen, dass es realisiert wird.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.