Brics-Staaten: Antiwestliches Gegengewicht

Jörg Kronauer über den Brics-Gipfel im russischen Kasan

  • Jörg Kronauer
  • Lesedauer: 3 Min.
Sitzung der BRICS im russischen Kasan
Sitzung der BRICS im russischen Kasan

Drei Dinge kann man zur Lage der Brics schon festhalten, bevor ihr diesjähriger Gipfel am Donnerstag im russischen Kasan zu Ende geht. Erstens: Die Dynamik, die das Bündnis als Gegenpol zu den Zusammenschlüssen der bisherigen Herren der Welt im Westen entfaltet – als Gegenpol zu den G7 etwa –, ist ungebrochen. Der Unmut über die westliche Dominanz, die Hoffnung, sie abschütteln zu können, bindet weiterhin die unterschiedlichsten Länder von China über Indien bis hin zu den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammen.

Kaum haben die Brics ihre erste Erweiterungsrunde hinter sich, da wollen bereits die nächsten Staaten ihnen beitreten oder doch zumindest eng mit ihnen kooperieren. Von den 38 Staaten, die eingeladen wurden, haben 36 Delegationen nach Kasan geschickt – trotz des wie üblich massiven Drucks aus dem Westen, nicht mit Russland zu kooperieren. Nahezu zwei Drittel sind sogar mit ihren Staats- oder Regierungschefs präsent. Indien und China, zwei der stärksten Brics-Mächte, haben unmittelbar vor dem Gipfel einen Schritt zur Dämpfung ihres Grenzkonflikts unternommen, damit dieser das Treffen nicht überschattet. Viel Schwung ist weiterhin da.

Zweitens: Nein, auch bei den Brics läuft nicht alles reibungslos. Kann man immer mehr Staaten in das Bündnis aufnehmen? Die Gründungsmitglieder sind sich uneinig. China hätte wohl kein Problem damit; seine Wirtschaftsmacht sichert ihm starke Beziehungen zu so gut wie allen Kandidaten. Aus genau diesem Grund bremsen Indien und Brasilien: Sie wollen nicht an den Rand gedrängt werden. In Kasan wurde daher diskutiert, einen neuen Status zu schaffen, den Status von Partnerstaaten.

Jörg Kronauer

Jörg Kronauer ist Redaktionsmitglied bei www.german.foreign-policy.com.

Ein anderes Beispiel: Die Brics sind sich einig, dass die Dominanz des US-Dollar im globalen Finanzsystem beendet werden muss. Dies ist nicht zuletzt nötig, um den USA die Sanktionswaffe aus der Hand zu schlagen, mit der sie missliebige Staaten nach Lust und Laune schädigen. Russland, besonders stark von westlichen Sanktionen betroffen, würde mit dem Aufbau alternativer Zahlungssysteme oder einer alternativen Währung am liebsten rasant voranschreiten. China, dessen Großbanken global Geschäfte machen und sich einen Bruch mit dem westlichen Finanzsystem nicht leisten können, bremst. Auch hier müssen mühsam erarbeitete Kompromisse her.

Drittens: Selbstverständlich versuchen Politik und Leitmedien im Westen, die Brics kleinzureden und kleinzuschreiben; was auch sonst. Die Reibungsverluste, die Differenzen, die es in dem aufstrebenden Bündnis gibt, werden daher zur Zeit schadenfroh betont. Doch damit machen die Herrschenden sich blind gegenüber eigener Schwäche.

Ein kleines, aber vielsagendes Beispiel: Die EU und die USA sind schon seit einiger Zeit bemüht, Armenien an sich zu binden, um im Südkaukasus wieder Fuß zu fassen. Man sollte denken, die Chancen stünden gut: Das Land wurde im Krieg gegen Aserbaidschan von Russland fallengelassen; in Eriwan regiert zudem ein klar prowestlicher Präsident. Nun aber zeigt sich: Der westliche Einfluss ist nicht so stark, dass Armenien es sich leisten könnte, auf die Teilnahme am Brics-Gipfel zu verzichten. Sein Präsident ist, da mag der Westen noch so sehr toben, sogar persönlich nach Kasan gereist: ein neuer Beleg transatlantischen Einflussverlusts.

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