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Frente Amplio will an Schalthebel zurück
Uruguays Linkspartei hat nach fünf Jahren Opposition Chancen auf die Regierungsbank
Schafft die Linke in Uruguay den Sprung zurück an die Macht? Am Sonntag sind rund 2,8 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, einen neuen Präsidenten und Vizepräsidenten sowie die 30 Mitglieder des Senats und die 99 Mitglieder der Abgeordnetenkammer zu wählen. In dem südamerikanischen Land besteht Wahlpflicht.
Derzeit regiert eine Mitte-rechts-Regierung aus fünf Parteien, die von rechts außen bis liberal reichen, unter der Präsidentschaft des rechtskonservativen Luis Lacalle Pou. Der hatte sich in der Stichwahl 2019 mit einem hauchdünnen Vorsprung gegen den linken Kandidaten Daniel Martínez durchgesetzt. Er löste damit die Frente Amplio, das »Breite Bündnis«, das von Kommunist*innen bis zu gemäßigten Sozialdemokrat*innen und Sozialliberalen reicht, nach drei aufeinanderfolgenden Amtszeiten (2005–2020) im Präsidentenamt ab.
Kurz nach dem Amtsantritt von Lacalle Pou begann die Covid-19-Pandemie, bei der der Präsident statt eine obligatorische Ausgangssperre zu verhängen, die Bevölkerung zu einer freiwilligen Quarantäne aufforderte. Ein Vorgehen, das dem 51-Jährigen bis heute hohe Sympathiewerte unter der Bevölkerung beschert. Nicht zuletzt deshalb war es ihm gelungen, im Jahr 2020 ein 476 Artikel umfassendes Reformgesetzpaket vom Kongress verabschieden zu lassen, das Maßnahmen zur Liberalisierung der Wirtschaft und zur Verschärfung des Streik- und Demonstrationsrechts beinhaltet. Gegen 135 Artikel des Reformpakets hatten der Gewerkschaftsdachverband PIT-CNT und kleinere Basisorganisationen ein Referendum angestrengt, an dem sich schließlich auch die Frente Amplio beteiligte. Dieses ging zwar verloren, bot aber der Frente den Rahmen für eine inhaltliche Auseinandersetzung und eine interne Neuorientierung, statt sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen und fruchtlosen Rechtfertigungsversuchen nach dem Machtverlust aufzureiben.
Uruguay hat die größte Mittelschicht in Amerika
Im regionalen Vergleich sorgt Uruguay selten für Schlagzeilen. »Uruguay zeichnet sich in Lateinamerika durch ein geringes Maß an Ungleichheit und Armut aus. Relativ gesehen ist die Mittelschicht die größte in Amerika und der Karibik und macht mehr als 60 Prozent der Bevölkerung aus«, schreibt die Weltbank in ihrem Überblick. 2023 wuchs die Wirtschaft zwar nur um 0,4 Prozent, für das laufende Jahr werden jedoch 3,2 Prozent Wachstum erwartet. Sechs Prozent der rund 3,4 Millionen Uruguayer*innen leben in Armut.
Von einer politischen Wechselstimmung ist denn auch kaum etwas zu spüren. In den Umfragen liegen das mitte- und rechtskonservative und das gemäßigt-linke Lager weiter eng beisammen. Und gerade deshalb wird mit Spannung erwartet, wer im zukünftigen Kongress die Nase vorn haben wird. Dagegen wird erwartet, dass keiner der Präsidentschaftskandidaten mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereint und es am 24. November zur Stichwahl kommt.
Als sicher gilt, dass die Frente Amplio in die Stichwahl einzieht. Ihr Kandidat Yamandú Orsi liegt in allen Umfragen mit weitem Abstand vorne. Der ehemalige Geschichtslehrer ist seit zehn Jahren Bürgermeister von Canelones, dem zweitgrößten Departamento des Landes. Im Juni hatte sich der 57-Jährige bei den Vorwahlen gegen die Bürgermeisterin von Montevideo, Carolina Cosse durchgesetzt, die er anschließend als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft ausgewählt ist hat. Dennoch wäre es eine große Überraschung, wenn der gemäßigte Orsi und die linke Cosse im ersten Wahlgang über die 50-Prozent-Marke kämen.
Verfassung verbietet direkte Wiederwahl
Amtsinhaber Luis Lacalle Pou hätte zwar gute Chancen, aber die Verfassung lässt eine sofortige Wiederwahl nicht zu. Stattdessen kandidiert Álvaro Delgado, der derzeitige Leiter des Präsidialamtes und damit die rechte Hand von Lacalle Pou. Delgados zentrales Wahlkampfmotto verspricht die Fortsetzung der bisherigen Regierungspolitik: »Reelegí un buen gobierno – Ich habe eine gute Regierung wiedergewählt«. Allerdings fehlt ihm Lacalle Pous Charisma. Der 55-jährige Delgado wirkt bei seinen Auftritten wie ein kompetenter Staatsbeamter. Und obwohl er in den Umfragen mit 25 Prozent der Stimmen auf Platz zwei liegt, ist sein Einzug in die Stichwahl nicht sicher. So könnte er auf den letzten Metern noch von Andrés Ojeda überholt werden. Der 40-jährige Kandidat der rechtsliberalen Partido Colorado kommt bei seinen hemdsärmeligen Auftritten kämpferisch und dynamisch über die Rampe. Der gelernte Strafverteidiger präsentiert sich als Garant für Sicherheit und gegen Kriminelle und Drogenhandel. Themen, die in Ermangelung anderer Kontroversen im rechten Lager für Aufmerksamkeit sorgen und mit denen Ojeda in den vergangenen Wochen Punkte machen konnte. Ob es für die Stichwahl reicht, ist offen.
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