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Ironman: Patrick Lange triumphiert mit sagenhaftem Streckenrekord
Der 38-Jährige schlägt die Konkurrenz mit einem sagenhaften Streckenrekord
Es gehört zu den gepflegten Ritualen beim Ironman Hawaii, dass sich der Sieger dieser mythenbehafteten Strapaze ein landestypisches Symbol der Zuneigung und des Respekts auf den Kopf stülpt. Patrick Lange hat vorsichtshalber seine blaue Kappe aufgelassen, als der Blumenkranz zum dritten Mal in seinem Leben auf seinem Haupt landete. Der »Haku Lei« steht auch für die Schönheit einer Insel, mit der der gebürtige Hesse nach seinem dritten Triumph auf Big Island für ewig eine besondere Beziehung verbinden wird.
Das ihm nach 2017 und 2018 nunmehr mit 38 Jahren noch ein sagenhafter Streckenrekord von 7:35:53 Stunden gelang, bedeutete eine große Genugtuung. Demonstrativ legte der in Salzburg lebende und für DSW Darmstadt startende Triathlet bei seiner Zielankunft den Zeigefinger auf die Lippen. »Hör nicht auf die Hater, ignoriere sie einfach«, erklärte der nach eigenem Empfinden oft nicht genug wertgeschätzte Sieger die Geste später in der Pressekonferenz. »In den vielen Jahren haben alle an mir gezweifelt. Das jetzt dem Team und meiner Familie zurückzugeben, bedeutet mir einfach alles.« Und er verriet: »Das ist definitiv für meine Mutter, die vor vier Jahren gestorben ist.«
Vor sechs Jahren hatte Lange im Zielkanal seiner damaligen Lebensgefährtin Julia Hoffmann erfolgreich einen Heiratsantrag gemacht, nun band der König von Kona wieder die eigene Vita in den Siegestaumel ein. Eine Botschaft seiner Mama hätte ihm geholfen, im Triathlon alles aus dem Körper herauszuholen. »Als sie im Hospiz lag und ich sie das letzte Mal gesehen habe, hat sie mir gesagt, ich solle für sie alles geben und noch einmal gewinnen.« Während ihrer schweren Krankheit konnte Lange aus Österreich zeitweise wegen der Corona-Beschränkungen nicht bei ihr sein, was ihm auch später sehr zu schaffen machte.
Der Spätstarter hat nun auch mit diesem entbehrungsreichen Ausdauersport endgültig sein Seelenheil gemacht. Nach seiner Ausbildung zum Physiotherapeuten arbeitete Lange zunächst in seinem erlernten Beruf. »Ich musste fast bis zum 30. Lebensjahr hart dafür kämpfen, mir den Traum vom Profitriathleten zu erfüllen«, erläuterte er im Sommer vor dem Start beim Ironman Frankfurt, wo der Lokalmatador fast schon obligatorisch einbrach. Auf Hawaii allerdings konnte ihm nicht mal eine Begegnung mit einer Qualle stoppen. »Das waren ordentlicher Stiche am Knöchel, am Oberschenkel, im Gesicht. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen soll.«
Nichtsdestotrotz kam er als Vierter aus dem Wasser. Beim Schwimmen machte sich der Wechsel zu seinem neuen Mentor Ben Reszel bezahlt. Nach dem Desaster in Frankfurt hatte Lange die Zusammenarbeit mit seinem langjährigen Trainer Bjorn Geesmann aufgekündigt. Nun zeigte der spätere Sieger beim Radfahren Geduld, bis er unaufgeregt auf Position 13 zu seiner Paradedisziplin wechselte – mehr als neun Minuten hinter dem Titelverteidiger Sam Laidlow aus Frankreich. Beim Marathon überholte der Deutsche zuvor auch noch den Dänen Magnus Ditlev und den US-Amerikaner Rudy Von Berg, die letztlich auf Platz zwei und drei landen sollten. Ein Routinier hatte damit die mehr als zehn Jahre jüngere Konkurrenz düpiert – das insgesamt elfte Mal reüssierte ein Deutscher im Triathlon-Mekka.
Insgesamt schwamm, radelte und lief Lange in einem atemberaubenden Tempo. Zeiten unter acht Stunden galten wegen der Wellen beim 3,86 Kilometer langen Schwimmen im Pazifik, den Winden über die 180,2 Kilometer Radfahren und der Hitze während des 42,195 Kilometer langen Laufs vor einigen Jahren als unmöglich. Es war Lange, der 2018 als Erster in 7:52:39 Stunden die magische Marke inmitten der Lavafelder unterbot.
Damit kann Deutschland auf ein traumhaftes Triathlon-Jahr zurückblicken. Zuvor hatte bereits Laura Philipp überraschend bei der Ironman-WM in Nizza gewonnen – Frauen und Männer ermitteln nur noch im Wechsel auf Hawaii ihren Champion. Und dann war da ja noch Olympiagold auf der Sprintdistanz mit der Mixed-Staffel, als Laura Lindemann, Tim Hellwig, Lisa Tertsch und Lasse Lührs in Paris das erste Mal nach Jan Frodeno 2008 in Peking wieder eine Medaille holten.
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