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Sinfonien aus Wein, Oliven und Natur im Trentino
Die Landschaft im Norden des Gardasees entfaltet im Herbst auch kulinarisch eine ganz besondere Magie
Der Herbst ist im Trentino eine Zeit des Genusses. Eine Jahreszeit, die sich wie ein sanfter Teppich aus rotgoldenem Licht und duftender Herbstluft über die Täler und Hügel legt. Es ist die Zeit der Weinlese und der Olivenernte. In den sonnenverwöhnten Weinbergen von Nago und Arco am nördlichen Ende des Gardasees, wo die Reben tief im mineralreichen Boden wurzeln, werden die Trauben von Hand gelesen. Der warme Wind, der vom Gardasee heraufzieht, trägt das erdige Aroma der reifen Beeren mit sich und erfüllt die Luft mit einer Vorfreude, die man beinahe schmecken kann.
Winzer Marco Pisoni in Pergolese arbeitet in dieser Zeit emsig. Seine Hände sind verfärbt vom Saft der Trauben. Seine ausgewählten Nosiola-Trauben haben in dieser Ecke des Valle dei Laghi ideale Bedingungen. Nur die Besten lagern für mehr als sechs Monate auf speziellen Holzgestellen, den sogenannten Arèle, gut belüftet auf Speichern. Die Trauben werden immer noch wie im 18. Jahrhundert getrocknet. »Es ist die längste Trocknungszeit der Welt«, ist sich Pisoni sicher.
Erst in der Karwoche werden die Trauben gepresst und kommen nach einer langsamen Gärung von ein bis zwei Jahren in Edelstahlfässern für mindestens zehn Jahre in französische Eichen- und Akazienfässer. »Dann ist es ein Wein von großer Weichheit und reich an Düften und Aromen, die ihn einzigartig machen«, erklärt der Weinbauer stolz.
Einen gänzlich anderen Weg beschreitet das Weingut Pravis hoch über dem Valle dei Laghi auf fast 500 Höhenmetern am Fuße des Castel Madruzzo, wo Tradition und Moderne in perfekter Harmonie verschmelzen. Hier hat die Familie Pedrini vor gut zwanzig Jahren als erste Winzerfamilie in Italien damit begonnen, pilzwiderstandsfähige Rebsorten – die sogenannten Piwis – anzubauen, die weniger oder fast gar nicht gespritzt werden müssen. Durch die jahrelange Erfahrung mit den Piwis ist das Weingut mit der Universität Freiburg als »Weinschule« verbunden. Denn dort will man wissen, wie der Fortschritt in der Natur vorangeht.
Unten im Tal beginnt im Herbst mit der Olivenernte noch ein weiteres ganz besonderes Schauspiel. Die alten Olivenbäume, die sich in terrassenartigen Hainen die Hänge entlangziehen, tragen ihre Früchte prächtig zur Schau. In den frühen Morgenstunden, wenn der Nebel noch über den Hügeln liegt, machen sich die Bauern auf den Weg. Mit Netzen und Körben ausgestattet, schütteln sie die Bäume und lassen die tiefgrünen Oliven herabfallen. Das leise Ploppen der Früchte, die in die Netze auf die Erde fallen, vermischt sich mit dem Rascheln der Blätter im Wind.
Die Landschaft bietet um diese Jahreszeit, gekleidet in das sanfte Licht des Herbstes, ein atemberaubendes Panorama. Der Gardasee glitzert in der Ferne, während die Berge ringsherum wie stille Wächter wirken. Die Wanderwege sind um diese Jahreszeit weniger begangen, wie der gerade erst eröffnete sieben Kilometer lange Oliven-Rundweg »Sentiero dell’Olivo« von Arco aus. Der Spaziergang durch die Olivenhaine hoch über Riva del Garda ist wie eine Reise durch die Zeit. Die knorrigen, alten Bäume erzählen Geschichten aus Jahrhunderten, und ihre Zweige biegen sich unter dem Gewicht der Oliven, die in diesen Tagen zu extra nativem Olivenöl verarbeitet werden.
In der privaten Ölmühle Olio Cru in Riva del Garda, einer der modernsten Mühlen der Region, die sich stark auf Nachhaltigkeit und neue Techniken konzentriert, kommen jetzt die geernteten Früchte von zweihundert Olivenbäumen an, die gleich zu feinstem Olivenöl verarbeitet werden. Hier dürfen sich Gäste im Verkaufsraum beim Schnuppern und Schlürfen der kleinen Ölproben in blauen Gläschen wie Öl-Sommeliers fühlen, während sie die fruchtig feine, im Abgang etwas scharfe Note erfahren. Welch ein Geschmackserlebnis!
In der Mühle selber wird auf dem Computer jeder Schritt der Zubereitung von Mario Morandini genau beobachtet und kontrolliert. Zu jeder Zeit kann eingegriffen und verändert werden. Morandini und seine Frau Enrica Peroni haben in kluger Weitsicht im Jahr 2012 alles ins Rollen gebracht, die allerneuesten Maschinen angeschafft und mit ihnen experimentiert. So sind sie die Einzigen, die ihre Früchte dreimal waschen und danach nicht liegend, sondern vertikal zerkleinern. Dadurch erhalten sie weniger Sauerstoff, womit eine exzellente Qualität erreicht wird. »Mit diesem Arbeitsschritt«, erklärt Seniorchefin Peroni, »sind wir die Einzigen in Italien.«
Der Herbst ist in der Region Garda-Trentino nicht nur eine Jahreszeit, es ist ein Gefühl – ein Gefühl von Erneuerung und Harmonie. Es ist die Zeit, in der die Natur langsam zur Ruhe kommt und die Früchte ihrer Arbeit preisgibt, in der die Menschen in den Dörfern zusammenkommen, um mit gutem Wein und feinen Speisen zu feiern. So wie in der Hosteria Toblino in Madruzzo im Valle dei Laghi, wo der junge Koch Sebastian Sartorelli saisonale Produkte mit kulinarischer und kultureller Neugier kreativ kombiniert.
Der gebürtige Trentiner, der einen Großteil seiner Jugend in Göttingen verbrachte, ist mit 18 Jahren der Liebe zur italienischen Küche wegen in seine Heimat zurückgekehrt. Sein Menü aus butterzartem Rinderfilet nach Rossini mit Gänseleberschnitzel, Fleisch- und Trüffelsaft, Spinat und Brioche sorgt für eine Geschmacksexplosion in jedem einzelnen Gang. Und jeder Bissen zaubert eine Sinfonie der unvergleichlichen Natur des Trentino auf die Zunge.
Der Autor wurde bei seiner Recherche unterstützt von der Tourismusregion Garda-Trentino.
- Allgemeine Informationen:
gardatrentino.it/de - Anreise: Vom Berliner Hauptbahnhof erreicht man Trient im Norden des Gardasees mit einem Umstieg in München in neun Stunden.
- Kulinarische Aktivitäten: Auf ihren Internetseiten bieten das Weingut Pisoni (pisonivini.it/benvenuti/marco-e-stefano), das Weingut Pravis (pravis.it/en) und die Ölmühle Olio Cru (oliocru.it/de) Termine für Verkostungen und Führungen an.
- Essen: In Sebastian Sartorellis Restaurant gibt es von Dienstag bis Sonntag von 12 bis 14.30 Uhr einen Mittagstisch und Dinner von Donnerstag bis Sonntag von 19 bis 22 Uhr
(toblino.it/en/hosteria/restaurant).
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