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BSW in Brandenburg öffnet Hintertür zur Aufrüstung

Bundestagsabgeordneter Christian Görke (Linke) kritisiert 100 Millionen Euro für Fliegerhorst Holzdorf

  • Andreas Fritsche und Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) spricht in Holzdorf mit General Carsten Breuer, dem Generalinspekteur der Bundeswehr.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) spricht in Holzdorf mit General Carsten Breuer, dem Generalinspekteur der Bundeswehr.

Am Montag begannen die Koalitionsverhandlungen von SPD und BSW zur Bildung einer Regierung in Potsdam. »Die Stimmung ist gut und geprägt davon, dass wir für Brandenburg Verantwortung tragen wollen«, sagte der BSW-Landesvorsitzende Robert Crumbach am Nachmittag. Thema der ersten Verhandlungsrunde seien die finanzielle Situation des Landes und der Bürokratieabbau gewesen. »Der Landeshaushalt hält die eine oder andere Herausforderung bereit. Es wird weniger Geld geben als in den früheren Jahren«, sagte Crumbach. »Wir planen keine Rotstiftpolitik, müssen aber klug und sinnvoll priorisieren.«

Grundlage der Verhandlungen ist ein zweieinhalb Seiten langes Papier, das Ergebnis fünf vorbereitender Sondierungsgespräche ist. In dem Text widmen sich 25 von insgesamt 92 Zeilen dem Frieden. Der Krieg in der Ukraine werde nicht durch Waffenlieferungen beendet, heißt es da. Es brauche diplomatische Lösungen und es brauche konkrete Angebote, »um wieder zu Abrüstung und Rüstungskontrolle zu kommen«. Die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen sehe man kritisch. Aber zum Abschluss dieser Passage steht auch: »Wir stimmen darin überein, dass für Frieden und Sicherheit die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes von großer Bedeutung ist und die Fähigkeit der Bundeswehr zur Verteidigung gestärkt werden muss. Deswegen stehen wir zur Bundeswehr und ihren Brandenburger Standorten.«

Das sind Sätze, die nach Ansicht des ehemaligen brandenburgischen Finanzministers Christian Görke (Linke) bisher unterbelichtet oder ganz unter dem Radar geblieben sind. Am Montagmorgen erläuterte Görke, der seit 2021 im Bundestag sitzt, was nach seiner Anschauung hinter dieser Sache steckt. Es gehe hier um den Fliegerhorst Holzdorf an der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt, der für Aufgaben der Bundeswehr im Nato-Bündnis aufgewertet werden solle. Dazu gehöre die 7 Milliarden Euro teure Anschaffung von 60 Transporthubschraubern vom Typ Boeing CH-47F (Chinook). Von denen sollen laut Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) 47 in Holzdorf stationiert werden. Dazu solle für 3,6 Milliarden Euro noch das israelische Luftabwehrsystem Arrow kommen, erläuterte Görke. Ihm zufolge kann dieses Waffensystem sowohl für die Abwehr als auch für den Angriff eingesetzt werden. Es habe eine Reichweite von 2400 Kilometern. Moskau liegt rund 1900 Kilometer entfernt.

Chinook und Arrow bezahlt der Bund. Daran lässt sich auf Landesebene wenig ändern. Doch es sollen Görke zufolge zusätzlich 100 Millionen Euro aus Landesmitteln hierher umgelenkt werden. Eigentlich sei dieses Geld für den Strukturwandel im Lausitzer Braunkohlerevier vorgesehen gewesen und werde dem Revier nun für das Militär entzogen. Auch wenn die 100 Millionen nicht für Waffen, sondern für den Bau von Truppenunterkünften und Offizierswohnungen verwendet werden, so gehöre das doch zum Gesamtpaket Aufrüstung, so Görke. Aufrüstung dürfe nicht durch Landesmittel flankiert werden, findet er. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gebe den »heroischen Friedensapostel«. Aber wo es konkret werde, stelle sich die Sache nun anders dar, kritisierte Christian Görke. Das BSW habe in den Sondierungen die Hintertür aufgemacht für die Aufrüstung.

»Das BSW wird die SPD noch kennenlernen. Da kann ich nur sagen: Gutes Gelingen!«

Christian Görke Linke-Abgeordneter

Görke räumte ein, der Fehler ließe sich noch beheben. Das will er auch hoffen, insbesondere von seinen zum BSW gewechselten Genossen, die von jetzt an mit der SPD verhandeln, darunter der Ex-Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg. »Ich erwarte in den Koalitionsverhandlungen eine klare Position«, sagte Görke. Er selbst hat 2014 mit der SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke eine Koalition ausgehandelt. Er weiß, mit welchen Tricks und Kniffen die SPD jeden über den Tisch zu ziehen versucht. »Das BSW wird die SPD noch kennenlernen. Da kann ich nur sagen: Gutes Gelingen!« Görke versicherte ernsthaft: »Ich drücke dem BSW alle Daumen, dass die sich behaupten.« Es gebe da Leute, mit denen er nach wie vor ein freundschaftliches Verhältnis habe. Die Aussage, er wünsche sich so eine Koalition so schnell wie möglich, versah Görke dann aber noch mit der ironischen Randbemerkung, er werde sich eine Tüte Popcorn kaufen und interessiert zuschauen.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich das BSW bei einer Regierungsbeteiligung schnell entzaubert und damit seinen Reiz für Protestwähler verliert. Das wäre bei der Bundestagswahl im September 2025 hilfreich für Görkes Linke. Die verbesserte sich in der jüngsten Umfrage von drei auf vier Prozent, während das BSW über acht Prozent nicht mehr hinauskam. Sollte die Bundestagswahl auf März vorgezogen werden, so sei Die Linke vorbereitet, versprach Görke. Ziel müsse es sein, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen.

Der Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg appellierte am 1. November auch wegen des Fliegerhorsts Holzdorf an das BSW: »Koalieren Sie nicht mit der SPD! Werden Sie nicht zum Mittäter!«

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