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Wahlsieg von Trump: Rückenwind für Rechtsautoritarismus
Das Thema Demokratie spielte bei der Wahlentscheidung für Donald Trump keine Rolle
Der 5. November 2024 wird als schwarzer Tag für all jene in den USA und der Welt in die Geschichte eingehen, die sich für Demokratie und unabhängige Gerichtsbarkeit, für freie Medien und den Kampf gegen die Folgen des menschengemachten Klimawandels, für Menschenwürde und Anstand einsetzen.
Der wichtigste Beweggrund der meisten Abstimmenden für ihre Wahlentscheidung war ihre wirtschaftliche Situation. Nach den Preissteigerungen während der Covid-Pandemie und der darauffolgenden Inflation sind die Preise für Lebensmittel, Mieten und Häuser immer noch für viele unbezahlbar. Die hohen Kosten für die Ausbildung ihrer Kinder sind für viele US-Amerikanerinnen und -Amerikaner einfach nicht bezahlbar. 40 Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten leben unterhalb der Armutsgrenze und 60 Prozent kommen mit ihrem Einkommen gerade so über die Runden. Kein Wunder, dass sie dafür die amtierende Regierung Biden/Harris verantwortlich machen.
Es ist die Inflation, Dummkopf!
Nach einer Umfrage am Wahltag haben 75 Prozent der Menschen, die sagen, dass ihre Familie erhebliche Härten durch die Inflation erlitten habe, Trump gewählt und 25 Prozent Harris. Bei jenen, die sagen, dass sie die Inflation nicht gespürt haben, war es umgekehrt. Bernie Sanders, der einflussreichste Linke in den USA, der für weitere sechs Jahre zum Senator gewählt wurde, formulierte es so: »Es sollte keine große Überraschung sein, dass eine Demokratische Partei, die die Arbeiterklasse im Stich gelassen hat, nun merken musste, dass die Arbeiterklasse sie im Stich lässt. Zuerst war es die weiße Arbeiterklasse, und jetzt sind es auch die Latino- und schwarzen Arbeiter. Während die Führung der Demokraten den Status quo verteidigt, ist das amerikanische Volk wütend und will Veränderungen. Und sie haben recht.«
Illegale Migration wichtigeres Thema als Abtreibung
Beim Thema Abtreibung machten die Abstimmenden bei diversen Referenden deutlich, dass ihnen der Zugriff der Regierung auf ihren Körper zu weit geht. Das bedeutete für sie jedoch nicht automatisch, dass sie für Kamala Harris, also jene Kandidatin stimmen würden, die sich für eine Festschreibung des Rechts auf Abtreibung einsetzte. Eine lateinamerikanische US-Wählerin sagte dem Fernsehsender PBS am Wahlabend, dass sie das Recht auf Abtreibung behalten wolle, aber auch besorgt sei wegen der hohen Lebenshaltungskosten und der illegalen Migration über die Grenze zu Mexiko. Daher habe sie Donald Trump gewählt. Wie in Deutschland dominiert hier in den USA beim Thema Zuwanderung ein rechter Diskurs. Die Demokraten haben sich im Wahlkampf auf den Wettbewerb eingelassen, wer besser die Grenze schließen würde. Aber auch hier wurde Trump von den Wählenden eine höhere Durchsetzungskraft zugeschrieben.
Die Wahlen am 5. November 2024 sind für die US-Bürger wie auch den Rest der Welt eine der wichtigsten Richtungsentscheidungen dieser Zeit. »nd« berichtet über die Stimmung und Probleme im Land, über Kandidaten und ihre Visionen. Alle Texte zur US-Wahl finden Sie hier.
Das Thema Demokratie spielte bei der Wahlentscheidung kaum eine Rolle. Kamala Harris’ Versuch, kurz vor den Wahlen mit einer Rede an dem Ort in der Hauptstadt Washington zu punkten, von dem aus der künftige Präsident einen gewaltsamen Putsch gegen das Parlament anstachelte, brachte offenkundig wenig. Sie warb dafür, nicht zurückzugehen und stattdessen eine neue Seite aufzuschlagen, aber die Mehrheit wollte lieber Amerika wieder »great« machen.
Es gab am Wahltag aber auch gute Nachrichten von der anderen Seite des politischen Spektrums. Viele linke Kandidierende kehren erneut in die Parlamente zurück. Neben Bernie Sanders und Elizabeth Warren im Senat werden unter anderem auch Alexandria Ocasio-Cortez, Ilhan Omar, Rashida Tlaib und Summer Lee starke linke Stimmen im Repräsentantenhaus sein. Auch dass mit Sarah McBride die erste Transperson in den Kongress gewählt wurde, ist bemerkenswert. Und auf der Ebene der Bundesstaaten konnten die Democratic Socialists of America (DSA) einige schöne Erfolge feiern. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit diesem Wahltag der weltweite Kampf gegen Rechtsautoritarismus eine bittere Niederlage erlitten hat. Die Stunden nach der Verkündung des Wahlergebnisses waren daher im progressiven Teil der USA von Niedergeschlagenheit und Trauer geprägt. Ob aus dem Kampf gegen die kommende Trump-Administration neue Energie erwächst, ist offen.
Stefan Liebich leitet das Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in New York.
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