- Berlin
- Berlin-Lichtenberg
Altes Hotel wird neues Asylheim
Umstrittene Unterkunft für Geflüchtete wird an diesem Montag eröffnet
Berlin. Im Berliner Bezirk Lichtenberg wird am Montag nach einigen Diskussionen eine große Unterkunft für geflüchtete Menschen eröffnet. Perspektivisch sollen in dem Hotel an der Landsberger Allee bis zu 1200 Menschen untergebracht werden. In einem ersten Schritt werden es laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) um die 780 Geflüchtete sein, die vornehmlich aus der großen Notunterkunft Tegel umziehen. Es handelt sich um Asylsuchende aus verschiedenen Ländern, aber auch um Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.
Parallel will das Landesamt damit beginnen, den aus drei Hochhäusern bestehenden Gebäudekomplex nach den Standards einer regulären Gemeinschaftsunterkunft umzugestalten, etwa durch den Einbau von Küchen. Ab Juli 2025 sollen 1200 Plätze zur Verfügung stehen. Ab diesem Zeitpunkt mietet das Land das ehemalige Hotel für zehn Jahre an.
Die neue, vergleichsweise große Gemeinschaftsunterkunft stößt in Lichtenberg schon seit Monaten auf Bedenken und Kritik. Die AfD organisierte Demonstrationen dagegen. Senat und Landesamt organisierten zwei Informationsabende für Bürger, bei denen es hoch herging.
Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) äußerte sich wiederholt kritisch zu den Plänen und mahnte eine flankierenden sozialen Infrastruktur und eine bessere Verkehrsanbindung an. Außerdem forderte er eine bessere Verteilung geflüchteter Menschen über die Stadt. Sein Bezirk leiste hier schon überproportional viel.
Nach Angaben des LAF und von Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) wird die neue Immobilie benötigt, um die großen Notunterkünfte auf den ehemaligen Flughäfen Tegel und Tempelhof zu entlasten. Dort leben mittlerweile mehr als 10 000 geflüchtete Menschen teils in Leichtbauhallen unter kaum zumutbaren Bedingungen ohne Privatsphäre, und täglich kommen neue Flüchtlinge. Da trotz Neubauprojekten nicht genügend kleinere Gemeinschaftsunterkünfte vorhanden sind, mietet das Land Berlin auch Betten in Hostels oder Hotels an.
In der neuen Immobilie in Lichtenberg werden die Bewohner laut LAF durch Sozialarbeiter oder Psychologen betreut. Für Kinder werden in dem Gebäude bis zu zehn Willkommensklassen für etwa 120 bis 140 Kinder eingerichtet, geplant sind auch Angebote für Kita-Kinder. Beides dient der Überbrückung, bis in regulären Kitas und Schulen Platz ist. Im Außenbereich werden Spiel- und Sportmöglichkeiten geschaffen, die auch der Nachbarschaft zur Verfügung stehen. Ehrenamtlich engagierte Menschen bieten Hausaufgabenbetreuung oder Hilfe beim Erlernen der deutschen Sprache an.
Berlinweit leben – zusätzlich zu mehr den als 10 000 Menschen in Notunterkünften – derzeit rund 35 400 Geflüchtete in regulären Unterkünften des LAF. Etwa 4000 davon beherbergt der Bezirk Lichtenberg. Nach Pankow, Tempelhof-Schöneberg und Marzahn-Hellersdorf ist Lichtenberg damit ein Bezirk, in dem besonders viele Flüchtlinge leben. Von den 16 neuen Containerdörfern, deren Errichtung der Senat im März für die Jahre 2025 und 2026 beschlossen hat, liegen drei mit zusammen 1280 Plätzen in Lichtenberg.
In den ersten drei Quartalen dieses Jahres kamen rund 16 200 Geflüchtete in Berlin an. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 24 400. dpa/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.