Das magische Trio der Nationalmannschaft

Jamal Musiala, Florian Wirtz und Kai Havertz überragen beim 7:0 der DFB-Elf gegen Bosnien-Herzegowina

  • Lennart Garbes
  • Lesedauer: 5 Min.
Jamal Musiala (r.), Kai Havertz (2.v.r.) und Florian Wirtz (2.v.l.) zerpflückten die bosnische Defensive am Samstagabend nach Belieben.
Jamal Musiala (r.), Kai Havertz (2.v.r.) und Florian Wirtz (2.v.l.) zerpflückten die bosnische Defensive am Samstagabend nach Belieben.

Das Versprechen scheint eingelöst – und das früher als erwartet. Jamal Musiala und Florian Wirtz haben die deutsche Nationalmannschaft zurückgeführt in den kleinen Kreis der weltbesten Fußballnationen. Schon bei der Heim-EM im Sommer galten die beiden 21-Jährigen als Hoffnungsträger für die Zukunft des deutschen Fußballs. Inzwischen ist die Zukunft die Gegenwart. Zusammen mit Kai Havertz sind Wirtz und Musiala auf dem besten Weg, das stärkste offensive Mittelfeld im internationalen Fußball zu bilden. Jüngster Nachweis: Das 7:0 gegen Bosnien-Herzegowina am Samstagabend.

Ohne Gnade nahmen die drei Offensivkünstler die völlig überforderten Bosnier beim Heimspiel in Freiburg auseinander. Nach gerade einmal 78 Sekunden besorgte Deutschlands neues Kopfballungeheuer Musiala mit seinem vierten Kopfballtor in dieser Saison die frühe Führung. Florian Wirtz gelang bei seinem Doppelpack das erste direkte Freistoßtor seiner Karriere, und Kai Havertz steuerte neben seinem Treffer zum 3:0-Halbzeitstand im zweiten Durchgang auch noch zwei Vorlagen bei.

»Ich glaube, dass die Leistung heute sehr, sehr gut war vom ganzen Team«, freute sich Wirtz nach dem Spiel. Und auch Mittelfeldpartner Musiala hatte beim Fernsehinterview mit »RTL« nichts auszusetzen: »Es hat Spaß gemacht. Die Sachen, die wir machen wollten, haben wir richtig gemacht. Nach ein paar Toren kann jeder frei spielen.« Dass nicht noch mehr Tore für das Trio dazukamen, lag vor allem daran, dass Musiala und Wirtz nach knapp einer Stunde frühzeitig von Bundestrainer Julian Nagelsmann ausgewechselt wurden.

Beeindruckend sind die Zahlen von Havertz, Wirtz und Musiala trotzdem: In der Nations League A, Gruppe 3, kommen sie in fünf Spielen gemeinsam auf 15 Scorerpunkt – zu denen sogar noch mehr hätten dazukommen können, wenn man bedenkt, dass Musiala und Havertz jeweils zwei Nations-League-Spiele verletzungsbedingt verpasst haben. Insgesamt wirkt das offensive Mittelfeld der Nationalmannschaft im Vergleich zur Europameisterschaft, die mit dem bitteren Viertelfinal-Aus gegen Spanien endete, noch besser.

Das liegt einerseits daran, dass Jamal Musiala und Florian Wirtz den nächsten Schritt hin zur absoluten Weltklasse machen. Der Leverkusener Spielmacher ist in dieser Saison noch effizienter geworden und trifft auf dem Platz so gut wie keine falsche Entscheidung mehr. Dribbelkünstler Musiala ist deutlich zielstrebiger vor dem Tor und steht nach 17 Spielen für Bayern München und die DFB-Elf schon bei 11 Treffern.

Andererseits profitiert die Kreativzentrale der Nationalelf auch davon, dass Kai Havertz nach der EM aus dem Sturmzentrum eine Position nach hinten gerutscht ist. Seitdem erweist sich der Profi des FC Arsenal als idealer Partner für Wirtz und Musiala. Nicht umsonst gilt der 25-Jährige als einer der besten Raumdeuter, seit Thomas Müller diese Rolle erfunden hat. Der Champions-League-Sieger macht es durch seine klugen Positionswechsel erst möglich, dass Wirtz und Musiala auf dem Spielfeld immer öfter in den gleichen Räumen auftauchen können. Ein Element, das den Deutschen bei der Euro 2024 noch weitestgehend fehlte.

Dabei hängt keiner der drei sonderlich an der von Nationaltrainer Nagelsmann vorgegeben Position in der offensiven Mittelfeldreihe. Dem Trio eine geometrische Form nach Stuttgarter Vorbild zu geben (siehe Dreieck, magisches) erscheint deswegen unmöglich. Vielmehr sind es gerade Havertz’ Tiefenläufe und sein Fallenlassen, das die Räume öffnet, durch die sich Wirtz und Musiala dann durchspielen können, wie kaum jemand anderes im Weltfußball. Und das Verständnis für die Bewegungen der jeweils anderen wächst von Spiel zu Spiel. Gegen Bosnien zeigte sich das besonders vor den Treffern zum 3:0 und 5:0.

Beim dritten Tor der Deutschen nach einem missglückten Abstoß des bosnischen Keepers Vasilj kreuzte erst Wirtz den ballführenden Havertz in dessen Rücken, ehe der Arsenal-Profi den Leverkusener mit einem Pass rechts in den Strafraum schickte. Ohne den Kopf noch einmal hochzunehmen, legte Wirtz mit der ersten Ballberührung perfekt zurück auf Havertz, der aus fünf Metern nur noch einschieben musste (neben ihm hätte auch noch Musiala gelauert). Beim 5:0 war es dann Musiala, der links im Strafraum in den Lauf von Havertz legte. Dessen Flanke in die Mitte wurde zwar geblockt, aber Havertz’ anschließenden Schuss konnte Vasilj nur noch direkt vor die Füße von Wirtz klären, der den Ball am zweiten Pfosten über die Linie drückte.

Besonders dieses Tor, dem ein hoher Ballgewinn von Stürmer Tim Kleindienst vorangegangenen war, begeisterte auch Julian Nagelsmann: »Da wollen wir die Laufwege auch anbieten, um mit ein bisschen mehr Risiko vors Tor zu kommen, dass wir nicht immer gegen diesen tiefen Block spielen müssen«, erklärte der 37-Jährige und gab einen Einblick, worauf der Fokus seit der Europameisterschaft lag: »Wir haben viele Balleroberungen, auch schon während der EM, und haben zu wenig schnell nach vorne gespielt. Heute haben wir sogar einige Kontertore nach Ballgewinnen gemacht.«

Mit Musiala, Havertz und Wirtz scheint der Bundestrainer die optimale Besetzung für das von ihm gewünschte direkte Offensivspiel gefunden zu haben. Jetzt muss das magische Trio nur noch beweisen, dass es auch gegen Europas Schwergewichte bestehen kann. Nach dem 7:0-Sieg gegen Bosnien ist Deutschland schon vor dem letzten Gruppenspiel am Dienstag in Ungarn als Gruppenerster für das Viertelfinale der Nations League qualifiziert. Dort warten stärkere Gegner. Aber Wirtz, Musiala und Havertz haben ja gerade erst angefangen zu zaubern.

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