Nachruf auf Klaus-Jürgen Dahler: Sozialer Kämpfer und Helfer

Der Berliner Linke-Politiker und Sozialberater Klaus-Jürgen Dahler ist am 13. November verstorben

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.
Klaus-Jürgen Dahler mochte an seinem Job als Flüchtlingsberater, dass er Menschen helfen kann.
Klaus-Jürgen Dahler mochte an seinem Job als Flüchtlingsberater, dass er Menschen helfen kann.

Klaus-Jürgen Dahler, langjähriger Bezirkspolitiker der Linken in Marzahn-Hellersdorf und Sozialberater, ist am vergangenen Mittwoch, dem 13. November, im Alter von 68 Jahren nach langer, schwerer Krankheit gestorben.

An einem hochsommerlichen Tag vor wenigen Jahren erholte sich Dahler am Straussee. Er lag mit geschlossenen Augen auf einer Decke, als ein syrischer Junge zu ihm kam. Der brachte ein großes Stück Wassermelone und sagte: »Das ist von meinen Eltern.« Die saßen ein paar Decken weiter und winkten Dahler zu. Er erinnerte sich, dass er ihnen Jahre zuvor geholfen hatte, das Aufenthaltsrecht in Deutschland zu erhalten. Dahler war damals Flüchtlingsberater bei der Volkssolidarität gewesen. Mit der Melone wollte sich die Familie dankbar zeigen. Das sei das Schöne an seinem Beruf, schrieb Dahler auf Facebook, dass er Menschen helfen könne und diese dankbar seien.

Dahler wurde am 30. Mai 1956 geboren. Er war gelernter Eisenbahner, wurde in der DDR Volkspolizist und studierte vor und während der Wende Psychologie. In den 90er Jahren stieg er als Berater für frühere vietnamesische Vertragsarbeiter bei einem Verein in Hohenschönhausen ein. Er half in zahlreichen Einzelfällen den Menschen, die in seine Sprechstunde kamen. Darüber hinaus engagierte er sich in den 90er Jahren auch politisch für ein Bleiberecht für diese Gruppe in der Bundesrepublik, das schließlich 1997 von der Innenministerkonferenz beschlossen wurde. Später leitete Dahler die Flüchtlingsberatungsstelle der Berliner Linken und schließlich der Volkssolidarität. Professionell arbeitete er sich in die komplizierte juristische Materie ein, sodass seine Expertise auch als Gutachter vor dem Verwaltungsgericht gefragt war und er einen Lehrauftrag für Sozial- und Verwaltungsrecht bekleidete.

1991 wurde Dahler im damaligen Bezirk Hellersdorf zum Bezirksvorsitzenden der PDS gewählt. Seit 1992 war er Mitglied der dortigen Bezirksverordnetenversammlung (BVV), nach der Bezirksfusion von Marzahn-Hellersdorf. Dabei war er lange Jahre Fraktionschef. Später leitete er Ausschüsse und war stellvertretender Vorsteher der BVV. Sein Mandat legte Dahler erst Ende 2023 nieder. Da war er bereits schwer erkrankt und zog bald darauf in ein Hospiz. Als fairen und sozialen Kämpfer, als geradlinige und selbstlose Person hatte SPD-Fraktionschef Günther Krug ihn bei seiner Verabschiedung bezeichnet. »Du hast in diesem Haus viel bewegt«, sagte damals der Linke-Fraktionschef Björn Tielebein. Dahler habe sich in seinem Handeln stets vom Grundsatz der Menschlichkeit leiten lassen. Mit seinen »messerscharfen Fragestellungen« sei er in den Haushaltsberatungen bei der Verwaltung und vielen Mitgliedern des Bezirksamts eher gefürchtet gewesen – im positiven Sinn, so Tielebein weiter. Die Linksfraktion stand vor der schwierigen Frage, was man jemandem als Abschiedsgeschenk geben könne, der bereits sterbenskrank war. Tielebein hatte ein Wahlplakat aus dem Jahr 1995 gefunden und es Dahler mit den Unterschriften seiner Mitstreiter überreicht.

Auch aus dem Hospiz heraus nahm Dahler am politischen und sozialen Leben teil. Er teilte auf seiner inzwischen gelöschten Facebook-Seite mit, wenn ihn Politiker aus dem Bezirk besuchten. Er teilte politische Inhalte. Und er lud Flüchtlinge ein, weiterhin seinen Rat zu suchen. Denn die Arbeit helfe ihm, schrieb er. So waren solche Besuche eine beidseitige Hilfe.

Klaus-Jürgen Dahler hinterlässt eine Frau, drei Kinder und mehrere Enkel. »Er wird uns und dem Bezirk schmerzlich fehlen«, schreibt die Linke Marzahn-Hellersdorf in einem Nachruf. Im Fraktionsbüro im alten Marzahner Rathaus am Helene-Weigel-Platz 8 liegt ein Kondolenzbuch aus.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.