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Kolumbien: »Waffengänge sind kein Weg zum Frieden«
Francisco Javier Daza über die Verhandlungen zwischen ELN-Guerilla und Regierung
Die ELN und die Regierung haben angekündigt, dass sie die Verhandlungen wieder aufnehmen wollen. Können Sie kurz zusammenfassen, wie der Stand der Verhandlungen ist?
Momentan sind die Verhandlungen ausgesetzt. Das hat einerseits mit bewaffneten Aktionen der ELN zu tun, andererseits damit, dass die ELN verlangt, von der Liste der illegal organisierten Gruppen genommen zu werden und der Nichterfüllung dieser Forderung seitens der Regierung. Letztendlich wurde die Krise durch die separaten Gespräche mit einer der Unterstrukturen der ELN, den Comuneros del Sur aus Nariño, befeuert und brachte die Friedensgespräche zum Erliegen. Seit August gibt es keine gegenseitige Waffenruhe. Es gab bewaffnete Aktionen beider Seiten, sowohl von den ELN als auch den nationalen Streitkräften. Erst vergangene Woche meldete die ELN fünf Opfer in der Region Arauca (Grenzgebiet zu Venezuela, d. Red.). Trotzdem gibt es jetzt die Initiative, den Friedensprozess wiederaufzunehmen, mit dem Ziel, diesen vor Jahresende wieder aufzutauen. Die ELN wird diese Woche mit der Regierung in Caracas zusammenkommen, um die problematischen Punkte zu diskutieren und die offiziellen Verhandlungen wiederaufzunehmen.
Was können wir von dem mehrtägigen Treffen in Venezuela erwarten?
Es wird erwartet, dass die ELN an den Friedenstisch mit Gustavo Petros Regierung zurückkehrt. Es sollen minimale Regeln und Garantien, die das Vertrauen wiederherstellen, vereinbart werden. Kürzlich wurde dieses Vertrauen mit Füßen getreten, da zum Beispiel die ELN jüngst einen bewaffneten Streik in der Region Chocó durchgeführt hat, der dazu geführt haben, dass mindestens 45 000 Menschen unter der von der ELN initiierten Ausgangssperre litten. Es besteht die Hoffnung, dass dem nationale Beteiligungskomitee, durch welches die Zivilbevölkerung aktiv am Friedensprozess teilnimmt, wieder Leben eingehaucht wird.
Francisco Javier Daza ist Friedensaktivist in Kolumbien. Er leitet das Forschungsteam für regionalen Frieden und Menschenrechte der kolumbianischen Stiftung Paz y Reconciliación (Pares), zu Deutsch: Frieden und Versöhnung. Mit Daza sprach für »nd« Sara Meyer.
Was sind die Hauptprobleme?
Das größte Problem ist wohl, dass es keine aktive Vereinbarung zur Waffenruhe gibt. Deshalb gibt es weiterhin bewaffnete Manöver, die auf die staatlichen Streitkräfte abzielen. Diese nehmen sich das von der Verfassung gedeckte Recht heraus, mit Waffen darauf zu reagieren und führen Operationen gegen die ELN durch. Die separat geführten Gespräche mit der Unterstruktur der ELN werden von der Gruppe als »Verrat« gesehen und legen dem Friedensprozess Steine in den Weg. Außerdem passt die Agenda der ELN nicht zur politischen Realität der nationalen Regierung. Petro hat gezeigt, dass die Waffen kein Weg sind, um den Staat unter Kontrolle zu bringen. Die ELN führt der Zivilbevölkerung Schaden zu, unter anderem in den ländlichen Gegenden von Arauca, Norte de Santander, Chocó, Cauca und Nariño.
Wenn Sie die aktuellen Verhandlungen mit den sechs vorangegangenen gescheiterten Versuchen anderer Regierungen vergleichen: Wie schneiden die aktuellen Verhandlungen ab?
Es handelt sich um den am meisten fortgeschrittenen Prozess mit dieser Guerilla seit jeher, so weit ist man bisher nie gekommen. Ebenso bemerkenswert ist das hohe Niveau der Teilhabe der Zivilbevölkerung an diesem Friedensprozess.
Halten Sie es für realistisch, dass die derzeitige Regierung in der laufenden Amtszeit, die weniger als zwei Jahre alt ist, etwas Greifbares mit der ELN erreichen kann?
Eines steht fest: Mit dieser Regierung wird die ELN keinen Friedensvertrag mehr unterschreiben. Das liegt am Zeitdruck, aber auch an den Aussagen der Kommandanten. Es gibt bisher keine direkten Ziele, die in so kurzer Zeit zu einem Abkommen führen könnten. Es werden aber die Grundsteine dafür gelegt, dass die kommende Regierung einen dauerhaften Waffenstillstand herbeiführen kann, und dass die ELN die Entführungen einstellen. Auch das Thema der Beendigung der Rekrutierung Minderjähriger seitens der Guerilla könnte vorangebracht werden. Vieles ist noch möglich, aber ein Friedensvertrag während der Amtszeit Gustavo Petros ist außer Reichweite.
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