Das vorgezogene Finale im DFB-Pokal

Im Pokal-Achtelfinale steht das Spitzenspiel Bayern gegen Bayer an

  • Maik Rosner, München
  • Lesedauer: 4 Min.
Bayerns Jamal Musiala (l.) könnte im Pokalspiel gegen Leverkusen den verletzten Harry Kane im Sturmzentrum vertreten.
Bayerns Jamal Musiala (l.) könnte im Pokalspiel gegen Leverkusen den verletzten Harry Kane im Sturmzentrum vertreten.

Als Thomas Müller neulich in einem Studio saß, um in einem Interview sämtliche Themen beim FC Bayern zu behandeln, ging es vor dem anstehenden Pokal-Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen an diesem Dienstag auch um die anhaltende Erfolglosigkeit der Münchner in der jüngeren Pokal-Vergangenheit. Bestreiten wollte der dienstälteste Münchner Profi die Negativserie keineswegs, diese jedoch auch nicht als Ausdruck von Angst vor diesem Wettbewerb verstanden wissen. »Eine Pokalphobie lasse ich mir hier nicht einreden«, sagte Müller, »aber Fakt ist natürlich, dass wir, ich weiß gar nicht, seit drei Jahren nicht mehr, oder seit vier? Vier? Gibt’s ja nicht!«

Ja, seit vier Jahren geht das nun schon so, dass sich der FC Bayern frühzeitig aus dem DFB-Pokal verabschiedet, in drei von vier Fällen sogar schon in der zweiten Runde. In der Saison 2020/21 schieden die Münchner unter Trainer Hansi Flick im Schneetreiben beim damaligen Zweitligisten Kiel im Elfmeterschießen aus. 2021/22 setzte es mit Coach Julian Nagelsmann in Mönchengladbach eine 0:5-Niederlage. Und in der vergangenen Saison war mit Thomas Tuchel beim Drittligisten Saarbrücken nach einer 1:2-Niederlage Schluss.

Bayern scheitert viermal auf traumatische Weise

Ein Jahr zuvor waren die Bayern immerhin bis ins Viertelfinale vorgedrungen, um sich dort zuhause nach einer 1:0-Führung noch das Ticket für die Runde der letzten Vier von Freiburg entreißen zu lassen. Lucas Höler hatte den entscheidenden Handelfmeter, unglücklich verursacht von Jamal Musiala, in der fünften Minuten der Nachspielzeit verwandelt. Direkt danach pfiff der Schiedsrichter ab.

Traumatisch war dieses Aus schon, ebenso die drei Niederlagen in der zweiten Runde. Aber eine Phobie? »Es ist keine Phobie, aber es wird Zeit, dass wir wieder auf jeden Fall Richtung Finale kommen«, befand Müller bei besagtem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk und erinnerte an das 1:1 gegen die Werkself zuletzt in der Bundesliga, als die Mannschaft von Xabi Alonso sehr defensiv aufgetreten, aber zum vierten Mal in Serie gegen die Bayern ungeschlagen geblieben war. »Wenn wir von der Art und Weise ein ähnliches Spiel auf den Rasen bekommen, dann sieht’s gut aus, dass wir gewinnen«, glaubt Müller.

Letztmals hatten die Bayern das Endspiel im Berliner Olympiastadion 2020 erreicht und es damals sogar 4:2 gewonnen, passenderweise gegen Leverkusen. Doch ein atmosphärisch vollwertiges Pokalfinale war das nicht, weil die Ränge im ersten Sommer der Corona-Pandemie leer geblieben waren. Wie lange das her ist, zeigt auch der Blick auf die Torschützen. Für die Bayern trafen David Alaba, Serge Gnabry und zweimal Robert Lewandowski, für die Werkself Sven Bender und Kai Havertz.

Jetzt sind die Bayern als Rekordpokalsieger und Bayer als Titelverteidiger zum gefühlt vorgezogenen Finale verabredet. Dabei geht es auch um die Frage, für wen es tatsächlich ein frühes Endspiel wird und wer deswegen ein Saisonziel verpasst. Besonders für die Münchner wäre ein Aus nach vier Jahren der Pokal-Tristesse ein herber Rückschlag. »Da ist auf jeden Fall Druck auf’m Kessel«, sagt Müller.

Wer ersetzt Harry Kane?

Auf Musiala und womöglich auch auf Müller könnte es nun besonders ankommen gegen Leverkusen. Immerhin muss Harry Kane vertreten werden, weil sich der Mittelstürmer am Samstag beim 1:1 in Dortmund einen Faserriss im Oberschenkel zugezogen hat und vorerst ausfällt. Damit werden seine Abschlussqualitäten fehlen, ebenso seine Fähigkeit, das Spiel mitzugestalten. Kanes Absenz sei »natürlich sehr schlimm, vor allem, wenn man sieht, wie viele Tore er für uns gemacht hat, wie wichtig er für uns ist«, gab Nationalmannschaftskapitän Joshua Kimmich zu.

Bayern-Trainer Vincent Kompany muss überlegen, wen er auf Kanes Position stellt oder wie er die Anordnung insgesamt verändert. »Harry hat 20 Tore gemacht, das kannst du nicht ersetzen. Aber wir haben Spieler, die torgefährlich sind«, sagte Kompany am Montag und nannte Müller, Mathys Tel, Serge Gnabry, Michael Olise und Leroy Sané als mögliche Vertreter für Kane. »Wir haben Optionen, ich habe fast alle genannt«, sagte der 38-jährige Belgier listig. Denkbar wäre auch, Musiala nach vorne zu ziehen und zum Beispiel Müller in Musialas Zehnerrolle auflaufen zu lassen.

Auch wenn Leverkusen in der vergangenen Saison das Double aus Meisterschaft und Pokal holte, während die Münchner erstmals seit 2012 gänzlich ohne Titel blieben, wollen sie nichts davon wissen, dass sie nun eine offene Rechnung begleichen könnten. Nein, sagt Torwart und Kapitän Manuel Neuer, es sei deshalb »ein wichtiges Spiel, weil wir wieder nach Berlin möchten«. Endlich mal wieder, um genau zu sein.

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