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Silvester in Berlin: Repression statt nachhaltiger Sicherheit
Polizei bereitet Großeinsatz an Silvester vor. Linke kritisiert Kürzungen bei Präventionsarbeit
»Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren«, sagt Christian Hochgrebe, Staatssekretär für Inneres, am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Einen Monat vor Jahresende diskutieren Abgeordnete die Sicherheit rund um Silvester. Polizei und Feuerwehr zeigen sich zuversichtlich: Im vergangenen Jahr habe alles wunderbar geklappt, so will man es dieses Jahr auch machen. Doch der Preis dafür ist hoch – rund 3000 Berliner Polizist*innen und 1500 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdiensten sind eingeplant.
»Das ist ein riesengroßer Personalaufwand«, sagt Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Vor allem für die Einrichtung der sogenannten Böller-Verbotszonen würden viele Einsatzkräfte gebraucht. Die Wirkung stellt Schrader in Frage, vermerkt aber positiv, dass der Jahreswechsel im vergangenen Jahr ruhig abgelaufen sei. »Wenn das jetzt über mehr als ein Jahr ruhig bleibt, muss man schon überlegen, ob es wirklich nötig ist, die Zonen in den nächsten Jahren so beizubehalten«, sagt er. Schrader möchte keine Situation wie jährlich zum 1. Mai in der Hauptstadt: »Da ist seit zehn Jahren nicht mehr viel passiert, aber immer wieder wird sehr viel über anstehende Gefahren geredet und werden große Polizeieinsätze geplant.«
Die Zonen, in denen in der Silvesternacht kein Feuerwerk gezündet werden darf, sollen in diesem Jahr dieselben wie im vergangenen sein, also am Alexanderplatz, auf der Sonnenallee in Neukölln und im Schöneberger Steinmetzkiez, sagt Polizeipräsidentin Barbare Slowik. Die Polizei will Ausschreitungen darüber hinaus auch durch längere Ingewahrsamnahmen unterbinden. Wenn es etwa schon ab dem 28. Dezember, wenn Feuerwerk gekauft werden kann, zu unerlaubtem Einsatz von Pyrotechnik komme, dann soll geprüft werden, ob die Täter*innen bis nach Silvester in Gewahrsam gehalten werden können.
»Wenn Sie die Maßnahmen gegen Jugendgewalt so schwächen, dann wird sich das über die nächsten Jahre zeigen.«
Niklas Schrader (Linke) innenpolitischer Sprecher im Abgeordnetenhaus
Einen solchen Aufwand kann sich die Berliner Polizei vermutlich auch in den kommenden Jahren leisten. Sie bleibt fast gänzlich von den Einsparungen im Haushalt verschont. Derweil bleibe die nachhaltige Präventions- und Jugendarbeit auf der Strecke, kritisiert Schrader. Nach den Silvesterausschreitungen vor zwei Jahren hatten Träger sozialer Arbeit auf einberufenen Jugendgipfeln gefordert, die Grundausstattung von Jugendarbeit auszubauen, anstatt kurzfristige Projekte einzuführen, die dann wieder gestrichen werden.
Doch genau das sei jetzt passiert, so Schrader. Die aktuellen Kürzungen im Haushalt »ziehen den Akteuren, die Jugendgewaltprävention in dieser Stadt machen, den Boden unter den Füßen weg«. Die Jugendarbeit sei zwar nicht Teil des Etats der Innenverwaltung, aber dennoch relevant für die innere Sicherheit. »Wenn Sie die Maßnahmen gegen Jugendgewalt so schwächen, dann wird sich das über die nächsten Jahre zeigen«, sagt Schrader.
Auch Vasili Franco, innenpolitischer Sprechen der Grünen-Fraktion, kritisiert die Prioritäten des schwarz-roten Senats bei der Kürzung von Mitteln, die nach dem Jugendgipfel zur Verfügung gestellt wurden. »Das, was man vor zwei Jahren angefangen hat, im Namen der Sicherheit aufzubauen, das fällt jetzt wieder weg. Das ist doch keine nachhaltige Sicherheit an dieser Stelle.«
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