Notfall-Hotline unterbesetzt

Die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen kann Stellen nicht nachbesetzen

Rote Schuhe stehen anlässlich des Internationalen Tags für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am Rathaus Tiergarten
Rote Schuhe stehen anlässlich des Internationalen Tags für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am Rathaus Tiergarten

Es sei ein »fatales Zeichen an gewaltbetroffene Frauen und ihre Unterstützer*innen«, sagt die Geschäftsführerin der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG). Diese bietet Betroffenen von häuslicher Gewalt Unterstützung an, sei es bei Behördengängen, bei der Verarbeitung des Erlebten oder mit der Vermittlung von Schutzplätzen für Betroffene. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit, die die BIG macht, ist eine rund um die Uhr erreichbare Hotline. Eine vom Senat beschlossene Haushaltssperre verhindere aber die Nachbesetzung vakant gewordener Stellen, teilt der Verein in einer Pressemitteilung mit.

Die Folgen sind schwerwiegend. Derzeit sechs Mitarbeiter*innen besetzen gemeinsam mit den fünf Berliner Fachberatungsstellen gegen häusliche Gewalt die Hotline. »Das kriegen wir gerade so noch hin«, sagt BIG-Pressesprecherin Nua Ursprung zu »nd«. Allerdings gebe es ein vermehrtes Aufkommen an Anrufen, was dazu führe, dass Betroffene, die nach Hilfe suchen, immer öfter an ein besetztes Telefon geraten.

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Für manche Betroffene reicht ein Telefongespräch nicht aus, entweder weil sie nicht sicher telefonieren können, oder weil sie mehr Beratung brauchen. Das Team der BIG, das die Hotline stemmt, kümmert sich auch um aufsuchende Beratung. Aktuell seien im Kernteam zwei Stellen nicht besetzt. Wenn sich herausstellt, dass eine Betroffene mehr Beratung braucht, treffen sich Mitarbeiterinnen der BIG mit ihr an einem sicheren Ort. Diesen Teil der Arbeit könne die BIG nicht mehr im ausreichenden Maß leisten, berichtet Ursprung: »Das kann nicht gestemmt werden.«

Und das Problem könnte sich im kommenden Jahr noch verschärfen: Durch den Wegfall der »Zentralen Tarifvorsorge« im kommenden Jahr drohen weitere Kürzungen. Mit diesen ursprünglichen Mitteln von 50 Millionen Euro – die jetzt ersatzlos gestrichen wurden – sollte sichergestellt werden, dass freie Träger ihre Angestellten nach dem jeweiligen Tarifniveau des Landes bezahlen können. Der paritätische Wohlfahrtsverband schreibt, dass die Kürzung flächendeckend in Höhe von rund zehn Prozent über alle Zuwendungsprojekte in Land und Bezirken wirken werde.

Die BIG stellt dabei fest, dass der Bedarf zunimmt. Im Juli hatte die Hotline die höchsten Anrufzahlen seit vor Beginn der Covid-19-Pandemie gemeldet. Das Verhältnis derjenigen, die nur eine Beratung benötigen, und derjenigen, die dringend einen Schutzplatz in einem Frauenhaus suchen, bleibe dabei aber gleich. In Verbindung mit der fehlenden Finanzierung für Frauenhäuser führt das dazu, dass immer mehr Betroffene häuslicher Gewalt keinen dringend notwendigen Schutzplatz bekommen. »Eigentlich«, sagt Ursprung, »müssten wir mehr Geld bekommen, um Betroffene ausreichend zu schützen.«

Vor wenigen Tagen hatte das Bundeskriminalamt neue Zahlen zu geschlechtsspezifischer Gewalt veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass in Deutschland alle drei Minuten eine Frau häusliche Gewalt erlebt und fast jeden zweiten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wird. Allein in Berlin sind dieses Jahr 29 Frauen Opfer von Femiziden geworden. Und das sei nur das »Hellfeld«, also die Taten die zur Anzeige gebracht werden, so Ursprung. »Umso wichtiger ist es uns, möglichst viele Gewaltbetroffene zu ermutigen, sich Unterstützung zu suchen«, sagt sie. Mit den Kürzungen des Senats droht diese Unterstützung weit unter dem Bedarf zu bleiben.

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