• Politik
  • Verfassungsuntreues Militär

Bundesregierung kennt 205 rechtsextreme Vorfälle bei Bundeswehr

Linke-Abgeordnete spricht von »besorgniserregend hohem Niveau«

Das Hinweisschild zeigt in die falsche Richtung: 2023 gab es bei der Bundeswehr zu »Linksextremismus« 15 verdächtige Personen. Zu »Rechtsextremismus« liegt diese Zahl um den Faktor 14 höher.
Das Hinweisschild zeigt in die falsche Richtung: 2023 gab es bei der Bundeswehr zu »Linksextremismus« 15 verdächtige Personen. Zu »Rechtsextremismus« liegt diese Zahl um den Faktor 14 höher.

Die Bundeswehr verzeichnete im Jahr 2023 insgesamt 205 rechtsextremistische, rassistische oder antisemitische Vorfälle, die Personen zugeordnet werden können. Dies geht aus einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Linke-Abgeordneten Martina Renner hervor. Das Ministerium bestätigt damit auch den Bericht der Wehrbeauftragten Eva Högl, die für das Jahr 2023 in dem Phänomenbereich 177 Ereignisse sowie 27 Verdachtsfälle »mit Bezügen zum Extremismus« feststellte. Im Bereich »Islamismus« waren dies 32, bei »Linksextremismus« 15 Personen.

Die Einstufung rechtsextremer Soldat*innen obliegt dem Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD), der dafür ein Ampelsystem verwendet. Im Phänomenbereich Rechtsextremismus wurden im Jahr 2023 laut dem Militärgeheimdienst 157 Personen in die Kategorie »Grün« eingestuft, da sich der Verdacht nicht bestätigte. In 33 Fällen (»Orange«) lagen Erkenntnisse vor, die einen Verdacht auf fehlende Verfassungstreue begründen. Sechs Personen (»Rot«) wurden als eindeutig verfassungsfeindlich eingestuft.

Detailliertere Zahlen liefert der Bericht der Wehrbeauftragten, die 178 Fälle im Bereich »Rechtsextremismus«, 20 im Bereich »Reichsbürger« und 14 im Bereich »verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates« registrierte. Martina Renner kommentiert in ihrer Anfrage, dass diese Zahlen, obwohl im Vergleich zu den Vorjahren leicht rückläufig, »auf einem besorgniserregend hohen Niveau« bleiben.

Gegen Soldat*innen, die rechtsextremistische Bestrebungen unterstützen, können disziplinarrechtliche und strafrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. 2023 wurden fast 80 Personen aus der Bundeswehr entlassen oder haben selbst den Dienst quittiert. Zusätzlich wurden 94 Bewerber*innen bereits während des Aufnahmeverfahrens wegen »Zweifeln an der Verfassungstreue« abgelehnt.

Das Verteidigungsministerium gibt in der Antwort Einblicke in die Vorfälle. Am 10. Januar 2023 äußerte sich demnach ein Auszubildender in Husum in einem Whatsapp-Gruppenchat gewaltverherrlichend, fremdenfeindlich und rechtsextremistisch. Er wurde fristlos entlassen. Am selben Tag wurde in München ein Soldat als »Querdenker« und »Corona-Leugner« identifiziert, der Politiker beleidigte und bedrohte. Gegen ihn wurde eine Abmahnung ausgesprochen. Am 11. Januar 2023 hörte ein Soldat auf Zeit in Bad Reichenhall rechtsextreme Musik und besaß entsprechende Speichermedien. Er wurde entlassen. Am 12. Januar 2023 veröffentlichte ein Soldat auf Zeit in Rheine pro-russische, extremistische Videos auf einer Social-Media-Plattform. Gegen ihn wurde eine Disziplinarbuße verhängt, sein Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -