Brandenburger Koalitionsvertrag unterzeichnet

Wahl von Ministerpräsident Dietmar Woidke durch SPD und BSW dennoch nicht sicher

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.
Bei der Unterezeichnung des Koalitionsvertrags (v. l.): Niels-Olaf Lüders und Robert Crumbach für das BSW, Ministerpräsident Dietmar Woidke und Fraktionschef Daniel Keller für die SPD
Bei der Unterezeichnung des Koalitionsvertrags (v. l.): Niels-Olaf Lüders und Robert Crumbach für das BSW, Ministerpräsident Dietmar Woidke und Fraktionschef Daniel Keller für die SPD

Auf den Fluren des Landtags in Potsdam war schon gemunkelt worden, man habe den offiziellen Akt in all der Aufregung der vergangenen Tage einfach vergessen. Aber natürlich wurde er nicht vergessen. Am Dienstag, einen Tag vor der für diesen Mittwoch vorgesehenen Wahl des Ministerpräsidenten, haben die Spitzen von SPD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ihren Koalitionsvertrag unterzeichnet. Der ausgehandelte Text war am Freitag von Landesparteitagen beider Seiten gebilligt worden.

»Noch hübscher werden wir nicht«, sagte der amtierende Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), nachdem er und der neben ihm sitzende BSW-Landesvorsitzende Robert Crumbach schweigend ihre Unterschrift leisteten und einige Minuten das Blitzlichtgewitter über sich ergehen ließen. Halblaut räsonierte Crumbach danach, die Unterschriften unter den Vertrag kämen womöglich »in die Waschmaschine«. Was der damit meinte, blieb unklar – vielleicht, dass die Tinte wasserfest sei. Eine Frage beantwortete Woidke immerhin. »Ich habe die Absicht, morgen als Ministerpräsident Brandenburgs bestätigt zu werden«, sagte er, um eine Einschätzung gebeten, ob dies schon im ersten Wahlgang klappen könne.

»Ich gehe davon aus, dass Herr Woidke morgen im ersten Wahlgang gewählt wird«, sagte Crumbach, der als Finanzminister vorgesehen ist. Crumbach verwies darauf, dass der Koalitionsvertrag auf einem BSW-Landesparteitag am Freitag einstimmig angenommen wurde. »Das wissen die BSW-Abgeordneten.« Er zeigte sich davon überzeugt, dass alle Abgeordneten ihrer Verantwortung entsprechend handeln werden. Da der Ministerpräsident in geheimer Wahl bestimmt wird, könne aber niemand eine Garantie abgeben.

Ein Wagnis bleibt es für Woidke bis zum Schluss. Nachdem er Brandenburg ab 2013 zusammen mit der Linken und ab 2019 zusammen mit CDU und Grünen regiert hatte, ist jetzt das BSW sein Koalitionspartner. SPD und BSW haben im Landtag nur eine Mehrheit von zwei Stimmen. Das ist knapp, wenn auch kein Vergleich mit den Zuständen im sächsischen Landtag, wo Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) eine Minderheitsregierung mit der SPD bilden will, der zehn Stimmen für eine Mehrheit fehlen. In Brandenburg war ein Zusammengehen des Wahlsiegers SPD mit der CDU anfänglich ganz kurz erwogen worden. Diese Konstellation hätte 44 von 88 Stimmen im Landtag gehabt und damit auch noch keine Mehrheit. Doch die CDU winkte sofort ab.

Dann einigten sich SPD und BSW. Aber der Landtagsabgeordnete Sven Hornauf (BSW) hatte angekündigt, Woidke wegen dessen Bekenntnis zur Aufrüstung am Fliegerhorst Holzdorf nicht wählen zu wollen. Zwischenzeitlich stand sogar im Raum, ihn deswegen unter Umständen aus der BSW-Fraktion auszuschließen, wozu es allerdings nicht gekommen ist.

»Ich gehe davon aus, dass Herr Woidke morgen im ersten Wahlgang gewählt wird.«

Robert Crumbach BSW-Landeschef

Sollten SPD und BSW an diesem Mittwoch keine knappe Mehrheit für Woidke zusammenbringen, springt dann die CDU im dritten Wahlgang ein? CDU-Fraktionschef Jan Redmann will Woidke da keine Hoffnung machen: »Wir unterstützen diese Koalition nicht und werden auch im dritten Wahlgang Herrn Woidke nicht wählen«, unterstrich er am Dienstag auf Nachfrage. Zumal im dritten Anlauf statt der absoluten die relative Mehrheit der Stimmen genügt, um Ministerpräsident zu werden.

Die AfD hatte bei der Landtagswahl am 22. September ihr Ziel, stärkste Kraft in Brandenburg zu werden, knapp verfehlt. Das hatte die SPD mit einem Wahlkampf erreicht, in der Woidke als beliebtester Politiker im Land erklärte, er stehe nur dann weiter als Ministerpräsident zur Verfügung, wenn die SPD die Wahl gewinnt. Dies führte mit dazu, dass Grüne, Linke und Freie Wähler die Fünf-Prozent-Hürde verfehlten und im Parlament nicht mehr vertreten sind. Mit 30 Abgeordneten hat die AfD jetzt eine sogenannte Sperrminorität. Beschlüsse, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist, etwa Änderungen der Landesverfassung, sind damit an ihr vorbei nicht mehr möglich.

Auf die Frage, ob die AfD einen eigenen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten zu nominieren gedenkt, sagte AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt, man werde erst einmal schauen. Wenn Woidke im ersten Wahlgang keine Mehrheit bekomme, dann könne das »gut sein«. Die ihm »eigene Bescheidenheit« verbiete, zu sagen, ob er selbst derjenige sein werde, der dann zur Wahl steht, erklärte Berndt.

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