Venezuela: Gegenwind für Nicolás Maduro

Venezuelas Präsident bekommt mit neuem Linksbündnis weiteren Gegner

  • Tobias Lambert
  • Lesedauer: 4 Min.
Beistand von oben: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro mit religiöser Figur.
Beistand von oben: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro mit religiöser Figur.

Die Lage in Venezuela bleibt verworren: Knapp einen Monat vor dem offiziellen Beginn der dritten Amtszeit von Nicolás Maduro beanspruchen nach wie vor sowohl die Regierung als auch die rechte Opposition das Präsidentenamt für sich. Laut offiziellen Angaben hatte Maduro am 28. Juli 51,2 Prozent der Stimmen erreicht. Die Opposition hingegen sieht ihren Kandidaten Edmundo González mit 67 Prozent vorne. Da der Nationale Wahlrat (CNE) keine nach Wahllokalen aufgeschlüsselten Zahlen veröffentlichte, ist das Resultat bis heute nicht nachprüfbar. Die rechte Oppositionsführerin María Corina Machado, die aufgrund eines Antrittsverbotes nicht an der Wahl teilnehmen durfte, betont unerlässlich, man werde »dem Sieg Geltung verschaffen«. Der als ihr Ersatzkandidat angetretene González will sich am 10. Januar – dem Beginn der neuen präsidialen Amtszeit – in Caracas vereidigen lassen.

Doch während Maduro dank der Kontrolle sämtlicher politischer Institutionen weiterhin fest im Sattel sitzt, befindet sich der Oppositionskandidat seit September im spanischen Exil. Machado wiederum ist untergetaucht. Gegen beide liegen Haftbefehle vor. Wie die Opposition also ihren Kandidaten vereidigen lassen will, bleibt vorerst ihr Geheimnis. Die Bildung einer Regierung im Exil schließt González bislang aus.

Neue linke Strömung Comunes

Maduro will das Kapitel Präsidentschaftswahl schnellstmöglich schließen und zur Tagesordnung übergehen. Dagegen formiert sich auch Widerstand von links. »Wir werden uns nicht über eine Niederlage beklagen, die nicht die unsere ist«, heißt es in dem Gründungsmanifest der neuen linken Strömung Comunes, das die Aktivistin Thaís Rodríguez am Montag auf dem Gelände der Zentraluniversität (UCV) in Caracas verlas. »Die Niederlage gehört denen, die der Bevölkerung den Rücken kehren.« Damit richtet sich Comunes sowohl gegen die Maduro-Regierung als auch die rechte, US-nahe Opposition. Man wolle die politische Klasse »nicht durch Passivität legitimieren«, erklärt der Menschenrechtsaktivist Antonio González Plessmann, einer der Sprecher von Comunes. »Es lohnt sich, weiter auf die Straße zu gehen und die Kämpfe für soziale Gerechtigkeit und die Freiheit der willkürlich Inhaftierten zu begleiten.«

Die Aktivist*innen hinter Comunes kommen aus verschiedenen Bereichen wie sozialen Basisbewegungen, Gewerkschaften, der Befreiungstheologie und Menschenrechtsgruppen. Teilweise sind sie bereits seit Jahrzehnten in der Linken aktiv. Die venezolanische Bevölkerung habe in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, dass sie die politische Agenda von unten bestimmen könne, so González Plessmann. »Wir setzen darauf, diese Fähigkeit wiederzuerlangen.« Comunes geht aus der »Anderen Kampagne« (»otra campaña«) hervor, die regierungskritische Chavist*innen im Vorfeld der Präsidentschaftswahl ins Leben gerufen hatten. Da keine alternativen linken Kandidaturen zugelassen waren, gaben sie keine Wahlempfehlung ab, sondern warfen Regierung und rechter Opposition einen »neoliberalen Konsens« vor.

Regierungskritische Linke fehlt die Wirkmacht

Unmittelbare Auswirkungen auf den aktuellen Machtkampf in Venezuela wird die Gründung von Comunes wohl nicht haben. Dafür ist die regierungskritische Linke bislang zu schwach. Dass die rechte venezolanische Opposition über offene oder geheime Verhandlungen noch einen Machtwechsel erreicht, ist indes mehr als unwahrscheinlich. Vielmehr gerät sie immer stärker unter Druck. Ende November beschloss das Parlament, dass die Propagierung von Sanktionen gegen Venezuela künftig mit bis zu 30 Jahren Gefängnis und praktisch lebenslangen Antrittsverboten geahndet wird.

Eine derzeit diskutierte Reform der Wahlgesetze läuft voraussichtlich darauf hinaus, dass an den für 2025 vorgesehenen Parlaments-, Regional- und Kommunalwahlen keine Kandidat*innen teilnehmen dürften, die das Ergebnis der Präsidentschaftswahl nicht anerkennen. Dies könnte neben der rechten Opposition auch linke Regierungskritiker*innen treffen und Maduro wieder sichere Mehrheiten garantieren. Übrig bliebe nur eine moderate Opposition, die der Regierung kaum gefährlich werden kann und in vielen Fällen selbst Regierungspositionen vertritt, während innerhalb der rechten Opposition erneut undemokratische Strategien Oberhand gewinnen könnten. Auch dagegen wendet sich Comunes und will sich als linke Opposition etablieren. Als Partei einschreiben kann sich die Gruppierung unter den derzeitigen politischen Bedingungen nicht. Zunächst gilt es, Kämpfe von unten zu unterstützen, Räume zu verteidigen und mittelfristig ein neues linkes Projekt aufzubauen.

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