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Die Demokratie-Mannschaft

Andreas Koristka überlegt, wie der Fußball die Menschenrechte nach Saudi-Arabien tragen kann

Holt sich seine Mehrheiten per Akklamation: Fifa-Boss Gianni Infantino
Holt sich seine Mehrheiten per Akklamation: Fifa-Boss Gianni Infantino

DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat kein einfaches Leben. Immer wenn die Gastgeber der Weltmeisterschaftsturniere bestimmt werden, muss er für diese Veranstaltung jemanden abstellen. Dieses Mal traf es DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich, die ganz traditionell, wie es der Fußballgott einst in seinen ehernen Gesetzen verkündete, in einer Videokonferenz abstimmen musste, wo der Weltmeister 2034 gekürt werden wird.

Der Abstimmungsmodus ist leicht erklärt: Wer für die Vorschläge von Fifa-Präsident Gianni Infantino ist, darf dies per Klatschen bekunden. Wer dagegen ist, hat Pech gehabt.

Pech haben ist natürlich keine politische Option und so hat Heike Ullrich trotz aller Bedenken des DFB missmutig mitgeklatscht, als die WM 2034 nach Saudi-Arabien vergeben wurde. Ihr Einsatz hat sich gelohnt, denn Infantino sprach gerührt von einer »unglaublichen Botschaft der Einheit«, die die Fifa in eine halbwegs zerstrittene Welt sende.

Aber wer den DFB kennt, der weiß, dass er die Sache nicht auf sich beruhen lassen wird. Als aufrechter demokratischer Verband kann man nicht einfach eine WM in einem Land spielen, in dem die eine oder andere Sache im Argen liegt wie der abgeschlagene Kopf eines Dissidenten auf dem Marktplatz nach der öffentlichen Hinrichtung.

Andreas Koristka
Autorenfoto von Andreas Koristka am Donnerstag, den 10. Oktober ...

Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeitschrift »Eulenspiegel«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter dasnd.de/koristka.

»Wir müssen darauf einwirken, dass sich diese Situation verbessert in Menschenrechtsfragen und Nachhaltigkeitsfragen«, sagte deshalb Bernd Neuendorf. Die guten Erfahrungen bei der WM in Katar haben gezeigt, dass das funktioniert. Seitdem sich die Mitglieder der Nationalmannschaft vor ihrem ersten Spiel aus Protest die Münder zuhielten, ist Katar ein demokratisches Land, mit Minderheits- und Frauenrechten und vorbildlicher Mülltrennung.

Deshalb werden es auch in Saudi-Arabien deutsche Fußballnationalspieler sein, die es sich zur Aufgabe machen, das Land in die Moderne zu führen. Zwar ist ungewiss, wer in zehn Jahren in der Nationalmannschaft spielen wird. Doch vielleicht ist Florian Wirtz noch dabei, der für seine brillanten Momente in Eins-gegen-eins-Situationen bekannt ist und ungeahnte Fähigkeiten darin hat, Führern von islamistischen Gottesstaaten queeren Lifestyle schmackhaft zu machen.

Wer, wenn nicht Florian Wirtz, kann Saudi-Arabien in ein weltoffenes Land verwandeln? Gut, Manuel Neuer könnte es auch, der wird dann aber zu alt sein. Jemand wie Neuer wird man 2034 höchstens als Funktionär gebrauchen können. Dann wird er vielleicht mitentscheiden dürfen, dass die WM 2054 endlich in ein gut bekanntes asiatisches Land vergeben wird, damit die übernächste Generation deutscher Profisportler die Demokratie nach Nordkorea tragen kann. Dem dicken Kim Jong-un wird das Lachen noch vergehen!

So wird der DFB die Welt Stück für Stück von all ihren Despoten befreien. Ein schöner Nebeneffekt wird sein, dass sich seine Funktionäre dabei dumm und dusselig verdienen werden. Und alles, was sie dafür tun müssen, ist zu klatschen.

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