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Gefängnisse in Syrien: »Nichts als Dunkelheit«
In Assads Militärgefängnissen wurden Zehntausende gefoltert
Dass die Flucht von Diktator Baschar al Assad in den vergangenen Tagen auch in drusischen und alawitischen Ortschaften gefeiert wurde, denen unter den neuen islamistischen Machthabern eine unsichere Zukunft bevorsteht, hat nicht zuletzt mit der ungeheuren Brutalität zu tun, mit der das Assad-Regime gegen mutmaßliche Gegner*innen vorging. Emblematisch für den Terror steht das 20 Kilometer nördlich von Damaskus gelegene Gefängnis von Sednaya, das am vergangenen Sonntag von den HTS-Milizen befreit wurde.
In dem 1986 fertiggestellten Militärgefängnis wurde ein Großteil der Oppositionsbewegung, die im Rahmen des arabischen Frühlings ab 2011 für einen demokratischen Wandel in ihrem Land eintrat, festgehalten und systematisch misshandelt.
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Bereits 2021 schätzte das Syrische Observatorium für Menschenrechte, dass seit Beginn der Massenproteste 30 000 Personen allein im Sednaya-Gefängnis durch Folter, Misshandlungen oder Massenerschießungen ermordet worden seien. Erste Berichte aus dem Gefängnis scheinen die schlimmsten Annahmen internationaler Nichtregierungsorganisationen zu bestätigen. Dem britischen Fernsehsender BBC gegenüber schilderte ein Gefangener eine besonders perfide Foltermethode von Assads Geheimpolizei. »Sie zwangen meinen Cousin, den ich so sehr liebte, mich zu foltern, und ich musste ihn foltern. Sonst wären wir beide hingerichtet worden.«
Unter dem Assad-Regime, das Oppositionelle auch ohne Gerichtsurteil viele Jahre festhalten konnte, ging es nicht darum, Oppositionelle mit Folterungen zu Aussagen oder Geständnissen zu bewegen. Stattdessen wurden die Misshandlungen eingesetzt, um Gefangene zu brechen und ein Klima allgemeiner Angst im Land herzustellen.
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Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte (SNHR) hat mehr als 15 000 Todesfälle durch Folterungen dokumentiert. 130 000 galten demnach als »forcibly disappeared«, also als durch das Regime verschleppt. Einige Tausend von ihnen konnten seit dem Machtwechsel vergangene Woche befreit werden.
In Anbetracht des Staatsterrors hat das Mena Prison Forum (MPF), ein Anti-Repressions-Bündnis, das zu verschiedenen arabischen Ländern arbeitet, eine öffentliche Aufarbeitung der unter Assad begangenen Verbrechen gefordert. Die Gelegenheit, die Fälle aufzuklären, müsse jetzt genutzt werden, so das MPF. »Wir rufen die syrische Opposition, die nun die Verantwortung im Land übernommen hat, und die libanesische Regierung dazu auf, die Archive der Inhaftierten und Verschwundenen zu sichern. Gemeinsame Anstrengungen sind nötig, um das Schicksal der Inhaftierten aufzuklären und ihre Rückkehr nach Hause zu ermöglichen.« Die Aufklärung der Fälle sei zudem auch ein Ausgangspunkt, um das beschädigte Vertrauen zwischen den beiden Nationen wieder herzustellen. Assads Truppen hatten den Libanon zwischen 1976 und 2005 militärisch besetzt.
Der von syrischen Truppen 1992 verschleppte Libanese Souheil Hamawi berichtete nach seiner Freilassung diese Woche, er habe 32 Jahren im Gefängnis verbracht – davon 15 Jahre in Einzelhaft. Die restliche Zeit sei er mit bis zu 14 Mitgefangenen in überfüllten, nur vier Quadratmeter großen Zellen untergebracht gewesen. »Das Leben im Gefängnis ist nichts als Dunkelheit, nichts als Leiden. Jeden Tag habe ich die Folter geatmet.« Ob die neuen Machthaber allerdings ein Interesse an einer unabhängigen Aufklärung der Kriegsverbrechen im Rahmen eines Wahrheitstribunals haben, wie es Nichtregierungsorganisationen fordern, ist eher zu bezweifeln.
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