Wem gehört Havana Club?

Im Markenstreit um den berühmten kubanischen Rum ergreift die US-Regierung nun Partei für Bacardi

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 4 Min.
Rumflaschen in Havanna
Rumflaschen in Havanna

Die Ankündigungen von US-Präsident Joe Biden vor seinem Amtsantritt, gegenüber Kuba einen freundlicheren Kurs einzuschlagen als die Vorgängerregierung Donald Trumps, erwiesen sich als heiße Luft. Zum Ende seiner Amtszeit verschärft nun ein von Biden unterzeichnetes Gesetz die Spannungen mit dem Karibikstaat weiter: Der »No Stolen Trademarks Honored in America Act of 2023« verbietet es US-Gerichten, Markenansprüche an in Kuba verstaatlichten Unternehmen ohne Zustimmung der »ursprünglichen Eigentümer« anzuerkennen. Damit werden die Karten in dem jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Spirituosenhersteller Bacardi und der kubanischen Regierung um die Rechte an der Rum-Marke Havana Club neu gemischt. Zuletzt hatten US-Gerichte das kubanische Eigentum an der Marke bestätigt.

Nach der neuen Gesetzgebung wären das Staatsunternehmen Cubaexport und sein französischer Partner Pernod Ricard nicht mehr befugt, die Rechte an der Marke in den USA auszuüben, da die kubanische Regierung sie nach der US-Regelung »unrechtmäßig beschlagnahmt« hat. Havana Club ist Kubas führender Rum und bringt der Insel jährliche Deviseneinnahmen in Millionenhöhe. Die Reaktionen aus Havanna auf das US-Gesetz fielen entsprechend scharf aus: Das Außenministerium sprach von einer »neuen einseitigen Zwangsmaßnahme, die die Blockade gegen die kubanische Wirtschaft verstärkt«, und wies diese »in aller Entschiedenheit« zurück. Die US-Regierung öffne dem Diebstahl kubanischer Marken die Tür, so das Außenamt. Zugleich erinnerte es daran, dass in Kuba derzeit 6448 US-Marken registriert und geschützt seien. Bacardi dagegen zeigte sich »erfreut, dass der Kongress und die derzeitige Regierung das Gesetz gestärkt haben, das es der kubanischen Regierung oder anderen nicht erlaubt, in den Vereinigten Staaten von einer Marke zu profitieren, die in Verbindung mit einem Unternehmen oder Vermögenswerten verwendet wurde, die von der kubanischen Regierung beschlagnahmt wurden«, so ein Sprecher.

Der Streit um Havana Club hat eine lange Geschichte. Nach dem Triumph der Revolution 1959 wurden Kubas Rumfabriken verstaatlicht; die Havana-Club-Eigentümerfamilie Arechabala floh nach Spanien. Im Jahr 1973 versäumte es die Familie, die Markenrechte zu erneuern. Drei Jahre später sicherte sich die kubanische Regierung die Rechte und registrierte sie in verschiedenen Ländern, darunter den USA. Im Jahr 1993 gründete sie das Joint Venture mit Pernod Ricard. Im Jahr darauf verkaufte die Familie Arechabala die Marke und das Rezept an Bacardi, das seitdem Havana Club in Puerto Rico herstellt und in den USA als »The Real Havana Club« vertreibt. Zugleich begann das Unternehmen, Kubas Markenrecht anzufechten, und zwar mit dem Argument, die Familie Arechabala habe ihre Rechte an Havana Club nie aufgegeben, und beantragte bei den US-Behörden die Registrierung einer gleichnamigen Marke. Ein jahrzehntelanger Rechtsstreit mit Pernod Ricard und der kubanischen Regierung in den USA begann.

»Vor den 1990er Jahren gibt es keine Aufzeichnungen oder Äußerungen der Familie Bacardi über die Marke Havana Club. Sie waren nicht die Eigentümer der Marke, aber in jenem Jahrzehnt wurde das Joint Venture mit Havana Club gegründet, mit dem ausländischen Part Pernod Ricard, einem der größten Konkurrenten von Bacardi«, erklärte Ariadna Cornelio Hitchman, Juristin in der für die USA zuständigen Generaldirektion des kubanischen Außenministeriums, gegenüber der kubanischen Tageszeitung »Granma«. Bacardi habe auf eine außergerichtliche Vereinbarung mit den Erben der Familie Arechabala zu den Markenrechten spekuliert.

Bis 2006 hielten Pernod Ricard und Cubaexport die Markenrechte für Havana Club in den USA. Doch als diese im selben Jahr ausliefen, verhinderte ein als »Bacardi bill« bekanntes Gesetz die Erneuerung. Danach war es für Unternehmen mit kubanischer Beteiligung illegal, abgelaufene US-Markenrechte zu erneuern oder Marken zu registrieren, die von der Regierung in Havanna ohne Entschädigung verstaatlicht worden waren. Im Jahr 2016 vollzog das US-Patent- und Markenamt eine Rolle rückwärts und sprach die US-Lizenz an der berühmten Rum-Marke überraschend der kubanischen Regierung zu.

Die Lizenzrechte werden jeweils für zehn Jahre vergeben; im Jahr 2026 steht die Erneuerung an. Das erkläre die Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens zum jetzigen Zeitpunkt, meint Cornelio Hitchman: »Im Extremfall einer Nichtverlängerung könnte die Marke gelöscht werden und wäre damit verloren.« Dann könnte Bacardi seinerseits die Marke Havana Club registrieren.

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