Ressort für Rüstung und Kriegsopfer

Innenministerium bekommt Verantwortung für den Landesbetrieb Bauen und die Flüchtlingsintegration

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 5 Min.
Alleingelassen? In der zentralen Erstaufnahme für Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt
Alleingelassen? In der zentralen Erstaufnahme für Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt

Der wichtige brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) soll künftig nicht mehr dem Finanzministerium unterstehen, sondern dem Innenministerium zugeordnet werden. Diese Absicht, über die »nd« am Dienstagabend online und in der gedruckten Ausgabe vom Mittwoch berichtet hatte, ist nun auch offiziell bestätigt.

»Ein Wechsel der Zuständigkeit ist in der Tat beabsichtigt«, teilte das Innenministerium dem »nd« auf Anfrage mit. »Dies geht zurück auf eine entsprechende politische Vereinbarung im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und BSW«, heißt es dazu. »Der Hintergrund ist insbesondere die Zuständigkeit des BLB auch für den Bundesbau – zum Beispiel für die Bundeswehr. Zum anderen verfügt der Geschäftsbereich des Innenministeriums selbst auch über den mit Abstand größten Immobilienbestand in der Landesverwaltung (vor allem wegen der Polizei). Insofern sprechen mehrere gute Gründe für den vereinbarten Zuständigkeitswechsel.«

Der Bundestagsabgeordnete Christian Görke (Linke) hatte zuvor schon selbst vermutet, dass es um die beabsichtigte Aufrüstung der Bundeswehr am Fliegerhorst Holzdorf gehe. Dort sollen Militärhubschrauber und das Raketenabwehrsystem Arrow 3 stationiert werden. Für den Ausbau von Holzdorf zum größten Luftwaffenstützpunkt in Ostdeutschland hätte die SPD durch die Verlagerung der Zuständigkeit »freien Lauf«, schätzt Görke ein. Das BSW hätte eine Möglichkeit verloren, zumindest indirekt auf dieses Projekt Einfluss zu nehmen.

Neuer Finanzminister ist seit 11. Dezember Robert Crumbach (BSW). CDU-Fraktionschef Jan Redmann hatte befürchtet und gewarnt, das Bündnis Sahra Wagenknecht könne über den Landesbetrieb den Ausbau von Bundeswehrstandorten wie Holzdorf und Lehnin verzögern.

Schon klar war, dass die neue Innenministerin Katrin Lange (SPD) künftig auch für die Integration der Geflüchteten zuständig sein wird. Bisher lag die Verantwortung dafür beim Sozialministerium. Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege hatte diesen Zuständigkeitswechsel am Montag scharf kritisiert. »Die Botschaft ist eindeutig: Künftig geht es primär um Abwehr, Abschiebung und eine möglichst zentrale und geräuschlose Verwaltung geflüchteter Menschen unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten. Aufnahme und Integration werden zweitrangig«, rügten die Wohlfahrtsverbände. Sie forderten stattdessen eine langfristige Sicherung der Beratungsstrukturen.

»Unsachlich und unbegründet«, nannte Innenministerin Lange diese Kritik am Dienstag. Es sei abwegig zu glauben, die Integration werde nun keine Rolle mehr spielen. Lange betonte, sie sei in besonderer Weise daran interessiert, dass die Integration tatsächlich gelingt, statt zu scheitern. Sie sagte, die Wohlfahrtsorganisationen wären gut beraten, »zur bewährten Sachlichkeit im Meinungsaustausch zurückzukehren, anstatt heillose Spekulationen in die Welt zu setzen«.

Die SPD-Politikerin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die Ausgaben des Landes für die Geflüchteten von 52,5 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 579,1 Millionen Euro im Jahr 2023 erhöht haben. Die Erwartung, dass Integration in Brandenburg künftig keine Rolle mehr spielen könnte, sei vor diesem Hintergrund weit von der Wirklichkeit entfernt.

»Der springende Punkt ist ein anderer«, urteilte Lange. Die Verbände stünden offenbar für ein »Weiter so« in der Migrationspolitik – nur mit jährlich noch mehr Geld. Das stehe aber im Widerspruch zu dem, was die weitaus meisten Brandenburger wollen. Die Ministerin erinnerte an das Motto des Koalitionsvertrags von SPD und BSW: »Bewährtes sichern – Neues schaffen!« Lange sagte, die Erwartung, dass nach der Landtagswahl vom 22. September »irgendwie doch alles beim Alten bleiben würde, geht an den veränderten politischen Realitäten in Brandenburg vorbei«. Im Parlament hat die SPD 32 Sitze, das hat BSW 14 Sitze, die CDU 12 und die AfD 30.

Was die innerhalb von zehn Jahren verzehnfachten Kosten für Geflüchtete betrifft, erklärte die ehemalige Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (Linke) dem »nd« am Mittwoch. Ein Großteil der Mittel werde für die Unterbringung von Menschen aufgewendet, »die gar nicht da sind«. Zu Jahresbeginn sei für Brandenburg die Ankunft von fast 27 000 Flüchtlingen vorhergesagt gewesen. Tatsächlich gekommen seien nur etwa 13 500. Die Kommunen bereiten sich jedoch auf Grundlage der Prognosen vor und sorgen für Aufnahmekapazitäten, sie mieten notgedrungen teils überteuert Unterkünfte von Glücksrittern an, wie Johlige erklärte.

Wenn so viel Platz dann gar nicht benötigt werde, müsse für den Leerstand bezahlt und deshalb schnellstens versucht werden, Objekte wieder loszuwerden und aus Mietverträgen herauszukommen – obwohl die dann vielleicht schon ein Jahr später doch wieder benötigt werden. Dieses ständige Auf und Ab komme den Staat teuer zu stehen. Johlige zeigte einen möglichen Ausweg auf: Das Land sollte sich für mehrere Jahre auf eine Reserve an notwendigen Aufnahmekapazitäten festlegen und diese auch bei schwankenden Flüchtlingszahlen vorhalten.

Die alte Koalition aus SPD, CDU und Grünen, die in Brandenburg von 2019 bis 2024 regierte, hat nach Einschätzung von Johlige gar nichts für die Integration getan. Jetzt gebe es zu wenig Deutschkurse und keine Kinderbetreuung, während die Eltern die Sprache lernen sollen.

Die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt sei »katastrophal«. Die Anerkennung von Berufsabschlüssen dauere viel zu lange. Es klemme auch bei Anpassungslehrgängen, in denen Migranten noch Dinge lernen, die in ihrer Heimat nicht zu ihrer Berufsausbildung gehörten, die in Deutschland aber verlangt werden. Johlige findet, es sollten viel mehr Quereinstiege in die verschiedensten Branchen möglich sein. Für sie macht Ministerin Lange nicht den Eindruck, dass sie in der Lage sei, die Integration voranzubringen.

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