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Baggerfahrer nach Zerstörungsfahrt getötet

Opfer soll bei angegriffener Baufirma gearbeitet haben

Auf seiner Baggerfahrt in Richtung Tauberbischofsheim zerstörte der Mann auch vier Polizeiautos.
Auf seiner Baggerfahrt in Richtung Tauberbischofsheim zerstörte der Mann auch vier Polizeiautos.

In Tauberbischofsheim hat die Polizei am Silvesternachmittag einen Baggerfahrer erschossen. Der 38-Jährige hatte das Fahrzeug in der fränkischen Stadt Grünsfeld (Main-Tauber-Kreis) gestohlen und auf dem Gelände einer Baufirma mindestens fünf Autos, drei Lkw und sechs Bagger zerstört. Anschließend setzte er seine Baggerfahrt über die Bundesstraße in Richtung Tauberbischofsheim fort und rammte zivile Fahrzeuge sowie vier Streifenwagen. Dabei wurden drei Polizist*innen, die den Mann mit Lautsprecherdurchsagen stoppen wollten, leicht verletzt.

Nach einer 52-minütigen Verfolgungsjagd wurde der Mann im Industriegebiet in Tauberbischofsheim mit Schüssen gestoppt. Im Führerhaus des Baggers zählten Medien mindestens zwölf Einschuss- oder Austrittslöcher. Anschließend haben Beamt*innen erfolglos versucht, das schwer verletzte Opfer zu reanimieren.

Im Führerhaus des Baggers wurden mindestens zwölf Löcher durch Schusswaffen gezählt.
Im Führerhaus des Baggers wurden mindestens zwölf Löcher durch Schusswaffen gezählt.

Die Polizei geht bislang nicht von einer politisch motivierten Tat aus. Es soll sich bei dem Toten um einen ehemaligen Mitarbeiter der Baufirma handeln, von deren Gelände er den Bagger entwendete. Ihm wurde laut der Staatsanwaltschaft vor rund einem Jahr gekündigt. Die insgesamt acht Kilometer lange Fahrt des Mannes endete an einem Autohaus, das demselben Unternehmer gehören soll. Dort hat der 38-Jährige mit dem Bagger ein Schaufenster der Firmenzentrale eingedrückt, hinter dem zwei Porsche standen. Insgesamt soll bei der Zerstörungsfahrt ein Millionenschaden entstanden sein.

Die Polizei hatte auf der Plattform X zunächst von einer »mutmaßlichen Amokfahrt« und dann von einem »Amokfahrer« geschrieben. In der später veröffentlichten Pressemitteilung war davon aber nicht mehr die Rede. Was den Mann zu der Tat brachte und wie er das Fahrzeug starten konnte, wollen Polizei und Staatsanwaltschaft nun ermitteln.

Die Behörden suchen nach Zeug*innen und Geschädigten. Hierzu hat die Polizei ein Onlineportal eingerichtet, über das Bilder und Videodateien hochgeladen werden können. Auf Videos, die bereits im Internet kursieren, ist ein gelber Bagger zu sehen, der an einer Tankstelle vorbei durch Tauberbischofsheim fährt. Es sind Schüsse zu hören. Auf einem weiteren Video sieht man, wie der Bagger sich immer wieder um die eigene Achse dreht, Beamte das Gefährt umkreisen und Schüsse abfeuern.

Die Gewerkschaft der Polizei lobte den Einsatz der Beamten vor Ort. »Die eingesetzten Kräfte haben in einer extrem dynamischen und gefährlichen Situation professionell gehandelt und damit Schlimmeres verhindert«, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende der GdP in Baden-Württemberg, Thomas Mohr.

Der Tod des Baggerfahrers markiert einen traurigen Höhepunkt polizeilicher Todesschüsse. Im Jahr 2024 hat die Polizei laut einer Statistik der Zeitschrift »Bürgerrechte & Polizei/CILIP« insgesamt 22 Menschen erschossen. Es ist der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen der Zeitschrift im Jahr 1976. Mehr als die Hälfte von ihnen befanden sich offenbar in einer psychischen Ausnahmesituation.

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