- Politik
- Anklage in Karlsruhe
Das K.O.M.I.T.E.E soll vor Gericht
30 Jahre nach gescheitertem Anschlag auf Abschiebegefängnis Anklage in Berlin
Fast 30 Jahre nach einem gescheiterten Sprengstoffanschlag auf ein Gefängnis in Berlin hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen zwei Männer erhoben, die sie für die Tat verantwortlich machen will. Dies teilte die Behörde am Dienstag in Karlsruhe mit. Über die Zulassung muss nun das Berliner Kammergericht entscheiden.
Die beiden Deutschen Peter Krauth und Thomas Walter sollen sich spätestens im Herbst 1994 mit einem weiteren, mittlerweile verstorbenen Komplizen zu einer Vereinigung namens Das K.O.M.I.T.E.E. zusammengetan haben. Diese Berliner Gruppierung sei »von einer linksextremistischen Ideologie geprägt« gewesen und habe sich zum Ziel gesetzt, »gesellschaftspolitische Veränderungen durch Brand- und Sprengstoffanschläge auf staatliche Einrichtungen herbeizuführen«.
Das K.O.M.I.T.E.E. wird verdächtigt, vor 30 Jahren einen Brandanschlag auf ein Bundeswehrgebäude in Bad Freienwalde verübt zu haben, bei dem niemand verletzt wurde. Ein Jahr später soll die Gruppe versucht haben, das im Bau befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau in die Luft zu sprengen. Zur Vorbereitung sollen die Beschuldigten vier Propangasflaschen mit insgesamt über 120 Kilogramm explosivem Material mit selbst gebauten Zeitzündern präpariert haben. Eine Polizeistreife war auf hierfür vorgenommene Absperrungen der Baustelle aufmerksam geworden. Die Täter flüchteten, das Gebäude blieb unversehrt. In einem am Tatort zurückgelassenen Fahrzeug wurden laut BKA Beweismittel gefunden, die den drei Gesuchten zugeordnet wurden.
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Nach seinem jahrzehntelangen Untertauchen wurde der vor vier Jahren an einer Krebserkrankung verstorbene Bernhard Heidbreder 2014 von deutschen Zielfahndern in Venezuela entdeckt und mithilfe der dortigen Polizei verhaftet. Ein Auslieferungsersuchen lehnte der Oberste Gerichtshof in Caracas ab, weil die vorgeworfenen Straftaten nach venezolanischem Recht verjährt waren. Anschließend wurde auch Krauth aufgrund einer Interpol-Fahndung in Venezuela inhaftiert und mit der gleichen Begründung nach vier Monaten wieder entlassen.
Alle drei hatten anschließend erfolgreich die Anerkennung als politische Flüchtlinge in Venezuela beantragt. Walter gibt über das Leben in der Kleinstadt Mérida Auskunft in sozialen Medien. Demnach haben ihn im November 2023 seine 90-jährige Mutter und seine Schwester besucht. Im gleichen Monat hat der Südamerika-Korrespondent der »Süddeutschen Zeitung« ein längeres Porträt über die Exilierten geschrieben.
Die eigentliche Tat in Berlin-Grünau und deren Vorbereitung waren auch in Deutschland nach zehn Jahren verjährt. Allerdings wirft die Bundesanwaltschaft Krauth und Walter vor, sich zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion verabredet zu haben. Hierfür beträgt die deutsche Verjährungsfrist 40 Jahre. Anwält*innen der drei Gesuchten hatten dies zum Anlass genommen, eine Verfassungsbeschwerde einzureichen. Das Bundesverfassungsgericht nahm diese Beschwerde jedoch nicht zur Verhandlung an.
Ob die jetzige Anklage einen Deal zwischen den Gesuchten und der deutschen Justiz vorbereiten soll, ist nicht bekannt. 2001 wurde ihnen bereits ein schnellerer Prozess und viereinhalb Jahre Haft angeboten, falls sich die Drei stellen. 2010 wurde ihre anvisierte Strafe auf dreieinhalb Jahre reduziert. Dennoch ging niemand auf die Angebote ein.
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