- Sport
- Biathlon
Die nächste goldene Generation der deutschen Biathletinnen
Bei den Biathlon-Frauen sorgen zwei junge deutsche Talente für ordentlich Aufsehen
Selina Grotian und Julia Tannheimer sind jung, schnell und erfolgreich. Die beiden Talente sind inzwischen nicht mehr wegzudenken aus dem deutschen Biathlon-Team – sogar Vergleiche mit Legenden wie Magdalena Neuner oder Laura Dahlmeier werden schon angestellt. Grotian stammt auch genau wie Dahlmeier aus Garmisch-Partenkirchen und läuft den Superstars von einst öfter über den Weg.
Die 20-Jährige findet es eine »Ehre«, mit solchen Topathletinnen verglichen zu werden, sagt aber auch klar: »Ich bin Selina und nicht Laura 2.« Auch die 19 Jahre junge Tannheimer möchte nicht mit den beiden Ausnahmesportlerinnen in einen Topf geworfen werden, wie sie im Podcast »Extrarunde« verriet: »Mich freuen die Ergebnisse. Rekorde sind in meinem Alter nicht so wichtig.«
Das nötige Selbstbewusstsein bringen die beiden jeweils fünfmaligen Junioren-Weltmeisterinnen Grotian und Tannheimer also mit. Dass sie auch das nötige Können haben, um schon jetzt ganz vorn in der Weltspitze mitzumischen, haben die beiden in diesem Winter bereits bewiesen. Mit starken Leistungen trugen sie in Hochfilzen maßgeblich zum ersten deutschen Staffel-Sieg seit vier Jahren bei. Tannheimer stürmte außerdem gleich beim Weltcup-Auftakt im finnischen Kontiolahti sensationell auf die Einzel-Plätze fünf und sechs. Selina Grotian feierte kurz vor Weihnachten in Le Grand-Bornand sogar ihren ersten Weltcup-Einzelsieg – auch gepusht von Tannheimers Erfolgen zum Saisonstart.
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.
»Selina hat sich über Julias Erfolge gefreut. Aber sie hat auch gesagt: ›Das kann ich auch‹. Sie hat sich piesacken lassen und ist bei den nächsten Weltcups wie von der Tarantel gestochen aus den Blöcken gekommen«, erzählt Felix Bitterling. Der Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV) hofft, das Grotian ihre hervorragende Form der vergangenen Wochen auch beim Heim-Weltcup in Oberhof wieder auf die Piste bringen kann. Schon an diesem Donnerstag gehen die deutschen Frauen im Sprint an den Start.
Bitterling sieht eine »brutale Dynamik« bei den jungen deutschen Athletinnen, zu denen auch noch Julia Kink (20) und Marlene Fichtner (21) gehören. Diese schon im Nachwuchsbereich erfolgreiche Gruppe macht Hoffnung auf eine neue Gold-Generation bei den deutschen Biathlon-Frauen. Zumal mit der aktuellen Gesamtweltcup-Spitzenreiterin Franziska Preuß noch eine »Mama« – wie es Selina Grotian liebevoll ausdrückte – zur Verfügung steht, in deren Schatten sich die Youngster ungestört entwickeln können.
Dass Grotian und Tannheimer etwas Besonderes sind, stellte sich schnell heraus. Grotian wurde im vergangenen Winter per Trainer-Entscheid als Ersatzfrau für die Weltmeisterschaft im tschechischen Nové Město nominiert und stürmte sensationell auf Platz vier im 15-Kilometer-Rennen. Als Belohnung gab es einen Platz in der Staffel, wo sie mit dem deutschen Team Bronze gewann. »Sie ist ein Naturmensch, liebt ihren Hund und braucht Zeit, Vertrauen aufzubauen. Selina muss sich alles erfühlen – dann startet sie durch«, beschreibt Bitterling seine junge Weltcup-Siegerin.
Julia Tannheimer machte ebenfalls im vergangenen Winter zum ersten Mal bei den Erwachsenen von sich reden. Beim Heim-Weltcup in Ruhpolding stand sie wegen ihrer hohen Startnummer praktisch exklusiv im Fokus von 15 000 Fans und lief völlig unbeeindruckt auf einen bärenstarken 15. Platz. Noch überraschter als über die Leistung war Bitterling danach jedoch, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern weitere Weltcup-Einsätze vorerst ablehnte. Sie konzentrierte sich stattdessen lieber auf ihr Abitur, das sie mit einem beeindruckenden Schnitt von 1,1 abschloss.
Die 19-Jährige stammt aus einer extrem sportlichen Familie aus Ulm. Auch ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Lukas ist Biathlet. Trotzdem war der Weg der Teenagerin in die Weltelite eher ungewöhnlich. Auch deshalb bringt Tannheimer außergewöhnliche Charaktereigenschaften mit. »Ihr Spitzname ist Rakete, weil sie extrem laufstark ist. Du wirst bei Julia trotz aller Erfolge nie erleben, dass sie sich für etwas Besseres hält«, schwärmt Bitterling.
»Sie hat ein zuckersüßes Lächeln, aber auf der Strecke kennt sie keinen Respekt. Das ist eine sensationelle Einstellung, die du keinem beibringen kannst«, frohlockt der DSV-Sportdirektor. All das macht Hoffnung, dass Julia Tannheimer und Selina Grotian in den kommenden Jahren tatsächlich in die großen Fußstapfen der deutschen Biathlon-Legenden treten können.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.