- Berlin
- Stadtentwicklung
Städte, die im Kern einzigartig sind
Das Land Brandenburg will dieses Jahr 250 Millionen Euro für Städtebau und Rekonstruktion geben
Mit 250 Millionen Euro will Brandenburgs neuer Infrastrukturminister Detlef Tabbert (BSW) den Städtebau und die Rekonstruktion in den Kommunen im laufenden Jahr unterstützen. Das kündigte er dieser Tage in Potsdam bei einem Termin der Landesarbeitsgemeinschaft von 31 Städten mit historischen Stadtkernen an. Tabbert berief sich dabei auf den Koalitionsvertrag seiner Partei mit der SPD. Er machte allerdings eine Einschränkung: Weil es noch keinen bestätigten Landeshaushalt gebe, sei er gezwungen, dies unter den Haushaltsvorbehalt zu stellen.
Doch selbst wenn die 250 Millionen Euro ausgezahlt werden: Die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Baukosten führen dazu, dass für die gleiche Summe deutlich weniger gemacht werden kann als früher. Tabbert zufolge sind seit 1991 rund vier Milliarden Euro in die Sanierung märkischer Städte geflossen, davon allein 1,67 Milliarden zu den Mitgliedsstädten der Arbeitsgemeinschaft. Als aktuelles Beispiel erwähnte Tabbert den sozialen Wohnungsbau in Perleberg, wo mit öffentlicher Hilfe im Zentrum ein »ergänzender Neubau« entstehe. Er erwähnte auch die Stadt Luckau, in deren Zentrum seit 1990 rund 84 Millionen Euro Fördermittel eingesetzt worden seien. Dabei habe es sich um Gelder der EU und des Landes Brandenburg gehandelt. Die Kommunen stellten weitere Mittel bereit und in den meisten Fällen trugen auch Bürger mit ihren privaten Mitteln zur Erneuerung des Stadtbildes bei. Die brandenburgischen Innenstädte nannte Tabbert »in ihrem Kern einzigartig«.
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.
Das neue Jahresmotto der AG lautet: »Menschen bewegen, Altstadt schafft Verbindung«. Minister Tabbert sprach von einem Dreieck der Interessen, das die kommunale Entwicklung zu beachten habe: Denkmalschutz, Umweltschutz und Bürgerinteressen. Da sei es keineswegs einfach, Fußgängerzonen einzurichten. Menschen, die sich dadurch behindert und eingeschränkt fühlen, sind nicht unbedingt dafür, denn sie können mit ihrem Auto unter Umständen nicht mehr zu ihrem Haus fahren. Die Barrierefreiheit etwa für Rollstuhlfahrer kollidiert zuweilen mit dem Denkmalschutz. Die mittelalterlichen Plätze und Gassen der alten Ackerbürgerstädte passen unverändert nur sehr bedingt zum Autoverkehr.
Nicht zuletzt um solche Konflikte gemeinsam bestmöglich zu bewältigen, gründete sich die Landesarbeitsgemeinschaft vor 30 Jahren. Von den vier großen Städten Brandenburgs beteiligen sich Potsdam und Brandenburg/Havel. Frankfurt (Oder) und Cottbus gehören der AG nicht an. Die Städte und Kommunen des Landes Brandenburg standen und stehen vor ganz unterschiedlichen Bedingungen.
Zu DDR-Zeiten waren Städte mit historischen Stadtkernen in der Regel nicht so herausgeputzt, wie sie es heute sind, aber dafür lebendig. »Es wirkt alles so fertig«, sagte jetzt der Potsdamer Baubeigeordnete Bernd Rubelt (parteilos). Er forderte die übrigen Mitgliedsstädte auf, nicht bei der Stadtentwicklung stehenzubleiben, sprach von einer erforderlichen »Wandlungsdynamik«. Nicht nur, dass es weitergehen solle, es müsse weitergehen. »Sonst verlieren wir diesen Schatz.« Die dafür erforderlichen Mittel liegen keineswegs mehr auf der Straße, inzwischen sei es eine Leistung, »handlungsfähig« zu bleiben. »Der Druck hat enorm zugenommen.« Rubelt meint, ein »Jahresforum« des Erfahrungsaustauschs solle ins Leben gerufen werden. »Altstädte sind gelebter Kompromiss«, sagte Rubelt. Er forderte dazu auf, »wieder kompromissfähig« zu werden und zu überlegen, wie Barrierefreiheit und Denkmalschutz zusammengehe.
Am 23. Januar wird das Kino »Neues Lichtspielhaus« in der Clara-Zetkin-Straße 194 von Beelitz als Denkmal des Monats ausgezeichnet. Inzwischen seien 303 Einzelprojekte als Denkmal des Monats geehrt worden, sagte die Kyritzer Bürgermeisterin Nora Görke (parteilos). Sie ist die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft.
1927 erfolgte die Umfunktionierung des ursprünglich als Gaststätte errichteten Saalbaus zu einem Lichtspielhaus. Nach der Wende stand das Gebäude lange leer, bis es von der Stadt gekauft wurde. 2023 erfolgte die Wiedereröffnung als Kino und Ort außerschulischen Lernens. Durch die Lage an einer wichtigen Verbindungsstraße in der Altstadt erhält die Stadt nun wieder einen wichtigen kulturellen Treffpunkt für alle Generationen. Die Innengestaltung des späten 19. Jahrhunderts ist bei der denkmalgerechten Sanierung erhalten geblieben.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.