Velten: Nazi-Symbole mit antifaschistischen Losungen überklebt

Linke in Velten reagieren kreativ auf das Beschmieren ihrer Wahlplakate mit Hakenkreuzen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Beschädigte Wahlplakate in Erfurt
Beschädigte Wahlplakate in Erfurt

»Alle wollen regieren, wir wollen verändern!« So lautet einer der Slogans der Linken zur Bundestagswahl am 23. Februar. Auch in Velten (Oberhavel) war eine Großfläche mit diesem Motiv beklebt und ist es eigentlich noch. Doch wie »nd« berichtete, sind in der Stadt Hakenkreuze und andere Nazi-Symbole auf dieses und weitere Plakate der Linken und der Grünen geschmiert worden.

Teilweise hat die Polizei die verfassungsfeindlichen Symbole umgehend mit Kreide übermalt, nachdem eine Berliner Journalistenkollegin sie am Wochenende entdeckt hatte. Nun reagierten am Montagabend auch Linke aus Velten mit einer kreativen Problemlösung. Die Genossen klebten die noch sichtbaren Symbole, darunter die Zahl 88 als Code für den Gruß »Heil Hitler«, eine SS-Kritzelei und die Beschimpfungen »Fickt euch!« und »Ihr Wixxer!« mit fünf älteren Wahlplakaten der Linken ab. Die Motive reagieren auf die bislang unbekannten, aber offensichtlich rechtsextremistischen Täter, die Deutschland auch verändern wollen, aber auf eine ganz andere Weise, als es Linke möchten.

Auf den kleinen Linke-Plakaten, die jetzt auf der Großfläche die Schmierereien überdecken, steht gedruckt: »Wir bleiben dabei: Vernunft. Das Einzige, was zählt.« und »Nazis raus aus den Köpfen«, dazu noch ein »Frieden. Abrüsten! Waffenexporte stoppen«.

Ralf Wunderlich dankte umgehend seinen Genossen in Velten »für das schnelle Handeln«. Wunderlich ist Schatzmeister der Linken im Kreisverband Oberhavel. Was die Hakenkreuze und sonstigen Nazi-Symbole betrifft, erklärte er: »So was kommt nicht über Nacht. Das wächst in den Köpfen, und leider wird in Velten zu wenig dagegen getan.« Die Linke, Teile der SPD und auch Grüne seien dort sicherlich aktiv. Das reiche aber nicht. Es brauche eine breitere Zivilgesellschaft, findet Wunderlich. Die Wählergruppe Pro Velten müsse endlich erkennen, dass die AfD kein Partner für die Zusammenarbeit sein sollte und schon gar nicht der Stadtverordnete der nur zufällig nicht verbotenen NPD. Von einem »Zufall« spricht Wunderlich, weil diese Partei als angeblich zu schwach eingestuft wurde, um gefährlich zu werden, wie er in Erinnerung ruft.

In der Stadtverordnetenversammlung von Velten ist die sechsköpfige AfD-Fraktion die stärkste Kraft, gefolgt von SPD und Pro Velten mit je fünf Stadtverordneten. Die 2023 in »Die Heimat« umbenannte neofaschistische NPD hat in Velten einen Stadtverordneten. In ihrer per E-Mail versandten Medieninformation von Montagmittag hatte die zuständige Polizeidirektion Nord fünf Kriminalitäts- und eine Verkehrsmeldung aufgeführt, darunter allein drei zu Attacken gegen Wahlplakate in Velten und Oranienburg und eine vierte zu einem Hakenkreuz, das in Velten auf einen Stromkasten gesprüht worden war.

Schon vor der Landtagswahl am 22. September war es nach Einschätzung verschiedener Politiker mehr denn je in Brandenburg zu Attacken auf Wahlplakate gekommen. Stellenweise wurden damals bis zu 90 Prozent der Partei-Wahlwerbung abgerissen oder beschmiert. Seinerzeit bemerkte CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann: »Die Hemmschwelle, Plakate abzureißen, ist gesunken.« Der Landtagsabgeordnete Ludwig Scheetz (SPD) wusste zu berichten, dass so manche Straße mit heruntergefetzten Plakaten aussehe, als sei da ein Tornado durchgezogen.

Dazu kamen noch tätliche Übergriffe auf Wahlkämpfer.

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