Der »Mönch von Lützerath« vor Gericht

Am Mittwoch begann der erste von zwei Prozesstagen gegen Loïc Schneider

Ist nicht in Mönchskutte vor Gericht erschienen: Der 29 Jahre alte Loïc Schneider
Ist nicht in Mönchskutte vor Gericht erschienen: Der 29 Jahre alte Loïc Schneider

Der bei Protesten gegen die Räumung des Braunkohledorfes bekannt gewordene »Mönch von Lützerath« hat vor Gericht die gegen ihn erhobenen Vorwürfe gestanden. Der 29 Jahre alte Loïc Schneider hatte im Januar 2023 in der Nähe des Braunkohletagebaus Garzweiler in der Ordenstracht eines Mönches mehrere Polizisten in den knöcheltiefen Schlamm befördert. Videos davon verbreiteten sich in den sozialen Medien. Vor dem Amtsgericht in Erkelenz ist Schneider daher wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung angeklagt.

»Aber wie soll man auf eine Polizei- und Justizinstitution reagieren, die 270 Verfahren gegen Menschen eingeleitet hat, die an diesem Tag zum Demonstrieren gekommen waren – und kein einziges gegen Polizisten, das wirklich zur Verurteilung geführt hat? Diese Polizisten, die das Gesetz vertreten, jedoch nicht den Mut haben, vor der Justiz die Verantwortung zu übernehmen und zu sagen: ›Ich habe mit meinem Schlagstock auf Schädel eingeschlagen?‹« Diese Worte verlas Schneider am Mittwochmorgen im und später vor dem voll besetzten Amtsgerichtssaal in Erkelenz.

»Das einzige Opfer in dieser Szene ist der Stolz einer Polizei und eines Staats, die nicht mehr wissen, wie sie reagieren sollen.«

Loïc Schneider Mönch von Lützerath

Gegenüber »nd« sagte Schneider bereits vor Prozessbeginn, er wollte am 14. Januar 2023 das Geschehen um den Abriss des Dorfes Lützerath im Rheinischen Kohlerevier eigentlich nur filmen. Doch dann kam es anders: »Die Polizei prügelte rücksichtslos auf friedliche Menschen ein«, so Schneider. »Ich ertrug es einfach nicht mehr.«

Er habe einem Polizisten von hinten gegen das Bein getreten, dieser sei gestürzt und habe Schmerzen an der Schulter und ein Hämatom erlitten, heißt es in der Anklageschrift. Einen anderen Beamten soll der Aktivist zweimal zu Boden geschubst haben. Es sind diese beiden harmlos wirkenden Schubser, die in den Videos zu sehen sind, die internationale Bekanntheit erlangten. Schneider stand in Mönchskutte im Schlamm und schubste zweimal einen Polizisten in den Matsch; zuvor hatte der Polizist Schneiders Demo-Schild weggeworfen. Was möglicherweise amüsant klingt, hat einen ernsten Hintergrund. Schneider weiter in seinem Brief an Justiz und Öffentlichkeit: »Das einzige Opfer in dieser Szene ist der Stolz einer Polizei und eines Staats, die nicht mehr wissen, wie sie reagieren sollen.«

Im Laufe des ersten Verhandlungstages wurde schnell deutlich, dass es Schneider nicht um seine Person geht, sondern um etwas anderes. Mara Sauer vom Aktionsbündnis Lützerath Lebt erklärt es so: »Schneider möchte zeigen, dass es systematisch Polizeigewalt gegeben hat. Gegen Menschen, die für unsere Lebensgrundlagen und gegen die politische Entscheidung der Landesregierung friedlich protestierten.« Der Profit von RWE sei der Regierung in Düsseldorf wichtiger gewesen als das Wohlergehen der Menschen hier und weltweit. Ein Beleg dafür sei der Einsatz von »massiver körperlicher Gewalt durch die Polizei« wie auch die Frage, »welche Straftaten wie verfolgt werden«, so Sauer. Die Bürgerrechtsorganisation Komitee für Grundrechte und Demokratie dokumentierte damals »systematische brutale Polizeigewalt«. »Es gab zahlreiche verletzte Demonstrant*innen, davon außerordentlich viele mit Kopfverletzungen.« Allerdings sei bis dato kein Polizist angeklagt.

Der Prozess in Erkelenz hätte schon nach gut einer Stunde mit einem Urteil beendet werden können. Jedoch erklärte die Verteidigerin des 29-Jährigen, die betroffenen Polizisten sollten zur Schwere ihrer Verletzungen befragt werden. Bei einem Urteil im Sinn der Anklage könnte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren gegen den Klimaaktivisten verhängt werden. Bei einer Strafe unter sechs Monaten ist eine bloße Geldstrafe möglich. Der Prozess soll am 5. Februar fortgesetzt werden. Mit dpa

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