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Endlich befreit!
Befreit und überlebt – aber wie überlebt nach der Befreiung mit den Ängsten?
»Über alles ist Gras gewachsen«, sagt Werner Krisch im Gespräch mit »nd« und meint damit nicht nur, dass es im Birkenau seiner Erinnerung kein Grün gab – nur Schotter, Lehm, Stein, Wachtürme, Stacheldrahtzäune, riesige rauchende Schornsteine. Und seine Sandkuhle. In der er sich versteckt, als er erfährt, dass sein Block am nächsten Tag für den Tod im Gas bestimmt ist. 14 Tage harrt der Sohn einer jüdischen Familie aus Berlin unter Stubbenholz, frierend und hungernd, aus. Seinen Bruder Berthold hat man vor seinen Augen zu Tode geprügelt. Werner will leben. Und überlistet den Tod.
Als am 27. Januar 1945 die ersten Einheiten der Roten Armee Oświęcim, eine Kleinstadt unweit von Krakow, erreichen und dort auf das größte Konzentrations- und Vernichtungslager in der Geschichte der Menschheit stoßen, treffen sie nur noch einige Hundert Häftlinge an, mehr tot als lebendig. Die SS hat in den Tagen und Wochen zuvor ihre Opfer auf Todesmarsch gen Westen, Süd und Nord getrieben.
Werner Krisch erlebt die Befreiung, die Selbstbefreiung, am 11. April 1945 in Buchenwald. Befreit fühlt er sich noch lange nicht, die Ängste kehren immer wieder, verschwinden erst allmählich, verdrängt durch Erfüllung in seinem Beruf als Fotograf in der DDR und Familienglück. »Heute habe ich wieder Angst«, gesteht der 92-Jährige kurz vor seinem Tod. In der Bötzowstraße im Prenzlauer Berg in Berlin erinnert ein Stolperstein an ihn. Steht aber noch das von ihm in Erinnerung an die Toten entworfene Denkmal in Weimar?
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